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MYTHOS RUTA 40

Erwähnt man irgendwo in Patagonien, dass man beabsichtigt auf der Ruta 40 zu fahren, erntet man oft neidvolle oder gar bewundernde Blicke. Was haben wir nicht vorher von anderen Reisenden über die angeblich katastrophalen Straßenzustände gehört. Viele haben darauf verzichtet, dort selbst zu fahren. Doch im Endeffekt ist alles halb so wild und wir haben es bequem und sogar ohne Panne sogar mit unserem Leihwagen, einem Renault Kangoo, geschafft. Allerdings im Frühjahr bei meist schönem Wetter.

Die Ruta 40 ist legendär, sehr lang und oft sehr einsam. Sie wird auch Argentiniens wilder "Alaska Highway" genannt und ist meist eine endlos scheinende Schotterpiste, welche parallel zu der Andenkette östlich davon durch die Steppe verläuft.

Manchmal sind die Berge sehr nah, manchmal weit weg am Horizont. Dieser Verkehrsweg ist Teil der ebenso legendären PANAMERICANA, die von Alaska bis hinunter nach Feuerland führt.

Über mehr als 4.600 Kilometer führt diese Ruta Nacional durch Argentinien, so nah wie möglich an den Anden entlang. Von der Puna im Norden bis hinunter ins südliche Patagonien verbindet sie 11 argentinische Provinzen und sieben Nationalparks. Auf der Passhöhe des Abre del Acay im trockenen Norden des Landes hat man sogar 4.895 Meter über dem Meeresspiegel erreicht und befindet sich auf der höchsten Hauptverkehrsstraße der Welt.

Manchmal findet man hinter jeder Straßenbiegung ein neues, atemberaubendes Panorama, manchmal fährt man durch scheinbar leere Ebenen und nur sehr selten hat man hier Gegenverkehr. Tiere kann man oft beobachten, Horden von Guanacos und Nandus streifen durch die Ebenen. Man findet mit Glück die scheuen Gürteltiere, den mächtigen Kondor und mit Sicherheit Hasen, Gänse und viele kleinere Vögel.

Wir sind ja nur einen sehr kleinen Teil dieser Straße gefahren und haben uns dafür viel Zeit gelassen. Die meisten "schaffen" die Strecke von El Calafate nach Esquel in 2, mit Abstechern in höchstens 4 Tagen, wenn sie eine organisierte Reise buchen. Wir hatten, mit allen Abstechern nach El Chaltén und zum Perito Moreno Nationalpark, eine gute Woche Zeit in dieser einmaligen Landschaft.

Hochebenen, aus Erosion entstanden und drei Milliarden Jahre alt, ziehen hier am Autofenster vorbei. Rechts und Links harren geheime und noch unentdeckte Landschaften der Entdeckung, unbekannte Dinosaurierarten findet man auch heute noch beim Graben und uralte Felszeichnungen beim beim Erkunden der Schluchten und Täler. In den Anden reihen sich schneeweiße Gletscher aneinander, alle spektakulär und nur wenige davon leicht zugänglich.

Die scheinbar unendliche Schotterstraße zieht sich über ebenes Land mit niedrigen rundlichen Büschen und absoluter Stille außer dem ständigen Wind. Die Autotür zu öffnen ist je nach Windrichtung ein riskantes Abenteuer. Immer wieder passiert man Seen und Flüsse aus Gletscherwasser, majestätische Gipfel mit Hauben aus Eis, grüne Täler und Flussufer voller Weiden, karge bunt schillernde Canyons und plattes Land so weit das Auge reicht. Langweilig wird es nie bei einer Fahrt auf der Ruta 40.

Schotter

Fahrbare Nebenstraßen sind selten im südlichen Patagonien, Dokumentationen über die Sehenswürdigkeiten am Rande der Strecke ebenso. Vor allem das Stück zwischen El Chaltén und dem Ort Perito Moreno weiter im Norden ist in Reiseführern wenig dokumentiert, weil hier eben keine Touristenhorden vorbeiziehen. Nur wenige Reisende buchen einen Platz in einem Minibus, um die Entfernung ohne Flugzeug zu überbrücken. Noch weniger buchen ein Auto, so wie wir, und fähren die Strecke alleine. Problem ist die fehlende Infrastruktur unterwegs, es gibt nur sehr wenige Übernachtungsmöglichkeiten, Tankstellen und Orte. Das teuerste Benzin unserer Reise tankten wir im winzigen Bajo Cracoles mitten in der Einsamkeit.

Unsere Unterkünfte hatten wir über einen Veranstalter vorgebucht, zu groß war das Risiko vor Ort nichts zu finden wenn die nächste Möglichkeit hunderte Kilometer entfernt ist. Vor Ort stellte sich dann heraus, das wir im November doch oft die einzigen Gäste waren.

Einige Wagemutige und Unerschrockene sieht man sogar mit dem Motorrad oder gar mit dem Fahrrad auf der Ruta 40. Es gibt einige Reiseberichte dazu im Internet, auf einem Foto eines sein Motorrad schiebenden Asiaten in der Tankstelle von Bajo Cracoles stand bezeichnenderweise "chino loco". Auf den Straßenschildern hier steht oftmals nur noch die Richtung, die Entfernungen sind unwichtig geworden.

In all den Tagen begegnete uns nur ein Radfahrer mitten in der Einöde. Heftig schlingernd vom starken Seitenwind kam er nur sehr, sehr mühsam voran. Noch Kilometer weiter konnten wir seine mäanderden Spuren im Granulat der Straße erkennen. Extremsport für Extreme, wohl nur verrückte zivilisationskranke Gringos machen so etwas. Wir Weicheier waren jedenfalls bei dem Anblick froh um unser windgeschütztes Plätzchen im Auto.

Einige Regeln

Bevor man sich auf patagonische Straßen begibt, und das gilt besonders für die Ruta 40, sollte man sich über die riesigen Entfernungen klar sein und genug Zeit einplanen. Ein Rundkurs kann hier mal eben einige Tausend Kilometer lang sein und bei einer Panne kann es unter Umständen ein wenig dauern, bis Hilfe kommt.

Trotzdem sollte man sich nicht abschrecken lassen, diese Straße einmal selbst zu befahren. Die riesigen Entfernungen sind kein notwendiges Übel, sondern Bestandteil so einer Reise, ja man sucht sie am Ende sogar - ebenso wie die Einsamkeit.

Steigt man irgendwo an der Strecke aus, dann hört man meist nur den eigenen Atem und das stete Heulen des Windes. Selten sieht man einen Gaucho mit Pferden und Hunden am Wegrand, oft Schafe, Guanacos oder kleine Gruppen Nandus.

Die Straße besteht meist aus losem Schotter, sieht oft sehr breit aus ist, aber nur in der Mitte auf einer Spur zu befahren. Der Untergrund ist eine Mischung aus Steinen und Erde, über die ab und zu ein Grader fährt und das Ganze planiert. Diese Mischung wird nicht so leicht von den patagonischen Winden verweht. War der Grader an einem Teilstück gerade fertig, ist die Straße in einem besseren Zustand. Manche Teilstücke warten schon länger darauf, geebnet zu werden. Vor allem in bergigen Abschnitten, wo ab und zu Felsen unter dem Schotter stecken, fährt es sich nicht wirklich gut.

Am Rand der Straße fährt man oft wie auf Glasmurmeln, besonders wenn der Straßenbelag in der Nähe eines Bachbetts entnommen wurde. Manchmal besteht er aus Granit und Limestone und hat scharfe Ecken und Kanten, die für manchen Reifen den Exitus bedeuten. Die Reifen sollten also vor der Fahrt kontrolliert werden und noch genug Luft und Profil besitzen.

Kommt seltener Gegenverkehr, grüßt man sich mit Lichthupe und fährt langsam aneinander vorbei. Sonst fliegen die Steine hoch und werden vom Wind direkt in die Windschutzscheibe getragen. Manchmal weht der Sturm sie aber auch horizontal vorbei. Es sieht schon eigentümlich aus, wenn die von einem selbst hochgeschleuderten Kiesel sich ganz langsam relativ zum Auto bewegen und scheinbar schwerelos in Augenhöhe quer über die Motorhaube schweben...

Wir hatten mit unserem Leihwagen-Vermieter einen zweiten Ersatzreifen vereinbart. Denn haben wir zwar nicht gebraucht, hatten aber unterwegs ein gutes Gefühl. Am Ende der Reise nach 6.800 Kilometern war einer der Reifen, der zuwenig Luft hatte, dann aber wirklich nur noch Schrott.

Video zum Thema

Ruta 40 - the overlanders road

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