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Vorwort von Ingrid:

Da ich leider keine Gelegenheit hatte, auf Bali an einer der der aufwendigen Verbrennungszeremonien teilzunehmen habe ich Stefan Havadi-Nagy gebeten, einen Gastbeitrag zum Erlebten zu schreiben. Die schönen Bilder auf dieser Seite wurden mir dabei ebenfalls von Stefan zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Vielen Dank an ihn.

Weitere Fotos von ihm sind hier in der fotocommunity zu sehen.

VERBRENNUNGSRITEN

Bali, eine kleine Insel der indonesischer Archipel, Traumziel für viele Reisende, eines der letzten Paradiese, ist die größte Hindu-Gemeinschaft außerhalb Indiens.

Rund 20.000 Tempel gibt es auf Bali. Der dort praktizierte Hinduismus hat mit der Zeit seine eigenen Linien entwickelt: Es wird kein strenger Hinduismus praktiziert, es gibt keine vorgeschriebene Gebete, keine festgelegten Momente der Hingabe.

Die Religion bestimmt das gesamte Leben in Tänzen, Festen und Ritualen. Auf Bali gibt es mehr Feste als Tage im Jahr! Alle diese Feste werden aber von der Totenverbrennung übertroffen, eine rituelle Zeremonie von ungeheurer spiritueller Ausdruckskraft und Farbigkeit.

Im balinesischen Glauben ist das Leben nur ein kurzes Zwischenspiel im langen Entwicklungsprozess der Seele. Der Körper ist nur ein Behälter für die Seele und der Tod ist die Befreiung der Seele auf ihren Weg zum Himmel. Der Tod tritt ein, wenn die Seele den Körper verlässt, dieser kann sie aber nicht ganz freigegeben, so lange es noch einen Körper gibt. Die Seele verlässt den Körper, zum Beispiel auch während des Schlafes, und wenn sie nicht mehr zurückkehrt, muss dieser Behälter für die Seele zerstört werden. Weil der Balinese den Tod nicht als Ende, sondern als neuen Anfang wahrnimmt, ist die Verbrennungszeremonie der größte Tag im Leben eines Hindu.

Früher war die Verbrennung ein Privileg der oberen Schichten, heute äschern alle Hindus auf Bali ihre Toten ein. Es ist aber eine teuere Angelegenheit, und oftmals vergehen mehrere Jahre, bis die Voraussetzungen geschaffen sind. Deswegen werden oft auch mehrere Tote in einer gemeinsamen Zeremonie verbrannt. Bis zur Verbrennung können so auch Jahre vergehen.

Der Körper liegt begraben, bis er verbrannt wird, und ein kleiner Bambusaltar wird am Grab aufgerichtet. Das Signal des Todes in einem Haus ist eine Kokosnuss-Öllampe, die an einem langen Bambusstab über das Dach gehängt wird.

Wenn die Verbrennung stattfindet, wird der Körper mumifiziert, müssen die Opfergaben vorbereitet und die Opfertische errichtet werden. Siehe Foto oben.

Nachdem alle Gäste an einem üppigen Essen teilgenommen haben, wird der Körper, von Gamelanmusik begleitet, über eine aufwendig gebaute Treppe hoch auf einem Bambusturm (gestützt auf ein Bambusfundament) befestigt.

Ein hoher Priester oder die Mutter des Toten können auf einem Stuhl, der oben an der Spitze des Turmes befestigt ist, mitgetragen werden.

Je höher der Aufsatz (manchmal über 20 m) und je mehr Träger (bis 100), desto wichtiger war der Verstorbene. Und je größer der Aufbau ist, desto mehrere Leute müssen ihn tragen. Der verzierte Begräbnisturm wird in einer beeindruckenden lebendigen Parade für zwei oder drei Kilometer bis zum Verbrennungsplatz getragen.

Unterwegs wird die ganze Konstruktion mehrmals in alle vier Himmelsrichtungen gedreht, um die Seele des Verstorbenen zu verwirren und so eine Rückkehr zu verhindern. Und weil ein schlechter Geist die Prozession folgen koönnte, wird auch ein Wasserstrom überquert, denn der Geist hasst nasse Füße!

Am Verbrennungsplatz angekommen, wird die Leiche in einen nach einem Tier geformten Sarkophag eingesetzt. Das Abbildungstier hängt von der Kaste des Verstorbenen ab: Eeinen weißen Stier für einen Brahmanen, eine weiße Kuh für seine Frau, ein Löwe für die Oberschicht Ksatria und ein mythologischer Halb-Elefant oder Halb-Fisch für einen Toten aus der Unterschicht Sudra. Nachdem der Priester gebetet und die Leiche mit heiligem Wasser übergossen hat setzt er den Sarg in Brand.

Die Balinesen glauben, dass die Seele mit dem Rauch zum Himmel steigt. Die Asche der Toten nimmt die Familie mit, sie wird dem Meer übergeben. Die Verbrennungszeremonie ist ein Freudenfest, das über mehrere Tagen andauert. Es ist schön, als eingeladenen Gast die Zeremonie zu erleben! Aber auch Touristen sind willkommen, es werden keine Karten verkauft, der Transport wird organisiert. Hört sich etwas makaber an, man muss es aber nicht so sehen: Es ist eine unvergessliche Erfahrung, die jeden auch zum Nachdenken anregt.

Text und Fotos: Stefan Havadi-Nagy

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