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Bei einer Flussfahrt auf dem Rio Pixaim ist es sehr wahrscheinlich, dass man auf eine Familie von Riesenottern trifft. Es handelt sich hier um die größten Otter der Welt. Die Guides wissen meist genau wo sich die Tiere gerade aufhalten, wir haben bei fünf Touren hier auch drei Mal einen Trupp Otter gesehen.
In den Zoologischen Gärten der Welt sind Brasilianischen Riesenotter (Pteronura brasiliensis) eine wenig gehaltene Art, in Deutschland kann man sie nur in den Zoos von Dortmund und Hamburg sehen.
Und in freier Wildbahn hat man auch nur die Chance auf eine Sichtung, wenn man abgelegene Regionen besucht. Die Population ist auf einige isolierte Reste zusammengeschrumpft, die sich zum überwiegenden Teil in Brasilien und Peru befinden. Ihre Hauptverbreitungsgebiete liegen im Amazonasgebiet an den Flußsystemen des Amazonas, Orinoco und Rio de la Plata. Seit 1973 stehen Riesenotter aufgrund des Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES) unter weltweitem Schutz. In der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN wird der Riesenotter als "stark gefährdet" gelistet.
Hier in den Flüssen des Pantanal kann man die hochsozialen Tiere jedenfalls noch gut beobachten.
Erwachsene Otter können eine Körperlänge von deutlich mehr als 1 Meter erreichen, mit einem 70 cm langen Schwanz und einem Maximalgewicht von ca. 30 Kilo. Ihre Beine sind kurz, und ihre mit Schwimmhäuten versehenen Füße sind optimal an das Leben im Wasser angepasst. Riesenotter sind tagaktiv und gesellig, meist sind sie in kleinen Trupps von fünf bis acht Tieren unterwegs.
Beim ersten Mal wurde die Begegnung mit dem vollen Touristenprogramm durchgezogen: Unser Guide fuhr mit dem Boot weit den Fluss herunter, noch hinter der Brücke der Transpantaneira, die über den Rio Pixaim führt bog er in einen Flußschleife ein. Plötzlich waren die Otter da und schwammen neugierig auf unser Boot zu. Der erfahrene Bootsführer hatte kleine Piranhas dabei, die er am Morgen geangelt hatte. Und die ebenso erfahrenen Otter wussten das ganz genau und holten sich ihre Portion ab.
Ich hatte Schwierigkeiten mit meinem Teleobjektiv, da die flinken Tiere oft unterhalb der Nahgrenze auf das Boot zugeschwommen sind. Sie tauchen ab und es ist Glücksache zu erwischen, wo sie wieder auftauchen. Otter sind ausgezeichnete Schwimmer und Taucher und können ohne Probleme mehrere Minuten unter Wasser bleiben.
Mittlerweile war auch das zweite Boot von Tereza vor Ort angekommen, darauf befand eine vierköpfige brasilianische Familie. Der Sohn konnte sogar einen Otter streicheln, das Foto, das ich davon gemacht habe wurde natürlich per Mail an ihn verschickt.
Das Beutespektrum von Riesenottern ist wesentlich enger als das anderer Otterarten: Sie ernähren sich praktisch ausschließlich von Fisch. Die Jagd wird in der Gruppe organisiert, die Mitglieder treiben sich die Fische gegenseitig zu. Als Jagdreviere bevorzugen sie Altarme, Seen, Überflutungsflächen und Sümpfe.
Doch die intelligenten Tiere haben hier schnell erkannt, dass sie von den fast täglich erscheinenden Booten ohne grosse Anstrengung einen Fisch bekommen. Dann liegen sie auf dem Rücken oder setzen sich ans Ufer, um ganz in Ruhe ihre Beute zu verspeisen. Dabei kann man dann viele schöne Fotos machen, wovon man die Hälfte wieder löschen kann, weil sie unscharf sind.
Eine weitere schöne und selbst für den Guide eher überraschende Begegnung hatten wir am Flussufer an einer Kurve, in der sich der grüne Teppich der Wasserhyazinten staute. Hier fährt das Boot langsamer und ist lauter, denn die Pflanzen verheddern sich im Antrieb. Plötzlich sahen wir am Ufer eine Otterfamilie panisch die steile Böschung herauf klettern. Sie hatten uns zuerst bemerkt und suchten nun schnell den Schutz der Höhle, die oben am Steilufer lag.
Was den Riesenotter außer seiner Größe noch zu einer Besonderheit innerhalb der Otterunterfamilie macht, ist sein hoch entwickeltes Sozialverhalten. Ein Wurf umfasst ein bis fünf Junge. Da junge Otter hier mit Kaimanen und Jaguaren eine große Anzahl ernst zu nehmende Feinde haben sind zwei Geburten pro Jahr notwendig. Bereits mit zwei Monaten beginnen die Kleinen mit dem Schwimmen. Nach zehn Monaten haben sie dann die Größe der Elterntiere erreicht und sind im Alter von zwei Jahren geschlechtsreif. Die Lebenserwartung in Freiheit liegt bei zwölf Jahren, in Gefangenschaft bei zwanzig Jahren.
Bei unserer zweiten Sichtung handelte es sich um kleine Otter, die zwischen Fluchtinstinkt und Neugierde schwankten. Die Erwachsenen trieben sie die Böschung herauf. Da wir ein gutes Tele hatten, mussten wir nicht all zu nah heran fahren, um die Familie nicht weiter zu erschrecken.
Beim Fotografieren waren natürlich immer irgendwelche Wurzeln und Äste im Weg und die ganze Aktion fand im Schatten am Ufer statt. Dadurch wurden viele Aufnahmen der sich ständig bewegenden Tiere unscharf. Aber wir freuten uns sehr über die schöne Sichtung.
An einem Nachmittag, als wir auf dem Rio Pixaim mal in die andere Richtung gefahren sind, hatten wir gar keine Otter erwartet. Schließlich waren bisher beide Sichtungen auf der entgegen gesetzten Seite. So freuten wir uns über Vögel und Wasserschweina am Ufer. Doch die Riesenotter tauchen meist ganz plötzlich auf, streckten ihre hell gefleckten Hälse aus dem Wasser, um zu erkunden, was da auf sie zu kommt.
Genau diesen Moment zu erwischen ist reine Glücksache, vor allem wenn man gar nicht mit ihrem Auftauchen rechnet. Oft hört man sie, denn Riesenotter kommunizieren durch Bellen, Schnarren und Zischen. Die Tiere verfügen über ein großes Repertoire an unterschiedlichen Lauten. Forscher zählten allein 22 verschiedene Töne, selbst Neugeborene schaffen bereits die Hälfte.
Diese kleinere Gruppe war wohl auf der Jagd und wir hatten diesmal auch keinen Eimer mit Fischen an Bord. Sie beäugten uns ein paar Mal, indem sie die Häse aus dem Wasser streckten. Die Otter holten kurz Luft und weg waren sie, Riesenotter können bis zu vier Minuten am Stück tauchen. Dann waren sie im Dickicht der Wasserhyazinthen am Ufer verschwunden und wir sahen sie nicht mehr. Aber ein paar Fotos konnte ich immerhin noch machen.
Eigenes Video zum Thema
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