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BAD-GEHEIMNISSE

In Brasilien gibt es einiges zu beachten, wenn man ein Badezimmer betritt. Oft wird darauf nicht schriftlich im Badezimmer hingewiesen und auch beim Check-In an der Rezeption wird das Thema eher nicht angesprochen. Als Neuling, der zum ersten Mal dieses Land bereist, sollte man sich daher vorab informieren. Es ist wohl auch in einigen anderen Länders so, für uns war es das erste Mal.

Wir waren in unserem ersten Urlaub im Land sowohl im 5-Sterne Hotel in der Stadt als auch in einfacheren Unterkünften auf dem Land. Und eine Besonderheit, die besonders wichtig ist, die gab es überall: das Toilettenpapier-Problem.

In ganz Brasilien wirft man sein gebrauchtes Klopapier nicht in die Toilette. Es gibt daneben kleine Eimer, in die man nicht nur Tampons und Binden entsorgen soll, sondern auch das Papier. Selbst in neu gebauten Flughäfen und Nobelhotels, in Städten und auf dem Land - das ist überall so.

Um einen gewissen Hygienestandard aufrecht zu erhalten und das Putzpersonal nicht zu belasten, stecken in diesem Abfalleimern meist kleine Plastiktüten. Im Flughafen waren die Tonnen offen, sonst hatten wir in allen Zimmern wenigstens einen Deckel, wenn es nobel war sogar einen Treteimer. Was für ein Berg von Plastiktütchen, der da täglich anfällt.

Warum das so ist? Es wurde uns gegenüber mit der Dicke der Abwasserrohre begründet. Die Ableitungsrohre in Brasilien sind wohl zu eng, nur 70er Durchmesser gegenüber 100er bei uns in Deutschland. Deshalb verstopft das WC-Papier wohl oft die Abflussrohre. Allerdings gibt es im Land meistens nur ziemlich dünnes 1- bis maximal 2-lagiges Toilettenpapier, das sich gerne auch schon mal bei Gebrauch bereits in seine Bestandteile auflöst. Wie das die Rohre verstopfen soll, die doch für wesentlich "festere" Inhalte schon einen gewissen Durchmesser benötigen, war uns nicht ganz klar. Egal, man hält sich natürlich daran. Das ist wohl eines der ersten Dinge in Brasilien, an die man sich gewöhnen sollte ohne sie zu hinterfragen. Einziger Vorteil: In vielen Toiletten gibt es wie in Indien eine kleine Kaltwasserbrause neben der Toilette, damit kann man sich abspülen und im Papier landet nichts anrüchiges mehr.

Toilette heisst auf Portugisisch "Banheiro". Für Männer steht "Masculino" oder nur ein M auf der Türe, für Frauen "Feminino", abgekürzt mit einem F.

Auf abgelegenen Landunterkünften kann es auch Steckdosen mit 110 oder 127 Volt geben. Ladegeräte kommen damit automatisch klar, aber wenn man einen Reisefön hat, so will dieser manuell umgestellt werden. Achtung: Vor dem Einpacken immer auf 230 Volt einstellen! Dann läuft der Fön bei 110 Volt einfach nur langsam, und man kann das anpassen. Ein Fön auf 110 Volt eingestellt und mit 230 Volt betrieben ist ein kurzes Vergnügen: Der Motor heult kurz auf und die Heizwendel ist in wenigen Sekunden verglüht. Totalschaden. Das ist uns einmal nach der Rückkehr aus Argentinien so ergangen, als wir den Fön zu Hause benutzen wollten...



Die Gruselduschen

Abseits der Sterneanlagen und großen Städte gibt es in Brasilien fast ausschließlich elektrisch beheizte Duschen, da es in kaum einem Haushalt fließendes warmes Wasser gibt. Der Durchlauferhitzer ist aber nicht in der Wand verbaut, sondern im Duschkopf. Ein Blick auf diese schwachbrüstige Konstruktion mit frei laufenden einzelnen Kabeln zur Verteilerdose an der Wand lässt einem schon beim bloßen Anblick einem elektrischen Schauer über den Rücken laufen. Eine Einführung, wie man damit umgeht bekommt man nicht. So steht man als staunender Ersttourist darunter und wundert sich. Das preiswerte Konstrukt ist dieses: Man installiert einen Plastikduschkopf direkt dort an der Wand, wo das Wasser heraus kommt. Anders als bei einem Durchlauferhitzer, der zum Beispiel in einem Boiler ist, kam hier wohl irgendwann mal jemand auf die supertolle Idee, den Durchlauferhitzer einfach gleich mit in den Duschkopf ein zu bauen. Also den Duschkopf, durch den das Wasser fließt, unter Strom zu setzen.

In zwei Hotels hatten wir ganz normale Duschköpfe, aber im Pantanal sahen wir diese Horrordinger zum ersten Mal. Nachträgliche Recherche ergab, dass diese Art der Duschen oft in Südamerika, vereinzelt wohl auch in Südostasien weit verbreitet sind. Für uns war es das erste Mal, in 25 Jahren Fernreisen hatten wir so ein Ding noch nie im Badezimmer gehabt.

Michael wunderte sich erstmal darüber, dass es nur einen einzigen Ventilknopf gab, mit dem die Wassermenge reguliert wurde. Er schaute sich das Gerät genauer an und entdeckte vorne am Duschkopf einen Schiebeschalter mit drei Beschreibungen: Verão (Sommer), Desligado (Ausgeschaltet) und Inverno (Winter), daneben jeweils ein mehr oder weniger gefülltes Kreissymbol für die Nutzer mit Leseschwäche. Wir hatten es am Anfang mit Kalt, Mittelwarm und Heiß übersetzt, weil wir auf die Entfernung Inferno gelesen hatten. Was auch so ungefähr hinkommt und bei Stand Desligado kam das Duschwasser bei 40°C Außentemperatur durchaus auch lauwarm aus der Brause. Nach kurzer Zeit wurde es Michael zu heiß und er wollte zurückschalten auf die mittlere Temperatur - und zack! hatte er einen Stromschlag bekommen. Danach haben wir uns die Konstruktion genauer angesehen und erst dann begriffen, dass hier wohl direkt durch unser Duschwasser Strom läuft. Auf Nachfrage wurde uns mitgeteilt, dass man die Einstellung nur bei ausgeschaltetem Wasser verändern darf. Danach haben wir immer bei Bedarf vorher die Einstellung verändert und dann ohne jeglichen Kontakt zum Plastikduschkopf und zur Wand geduscht. Wobei das Einstellen für kleinere Menschen teilweise schon recht schwierig wird, denn oft ist der Duschkopf ziemlich weit oben aufgehängt. Michael hatte mit seiner Größe damit keine Probleme, ich musste mich teilweise schon recken, manchmal stand extra ein Hocker in der Dusche. Aber was macht diese Dinger so gefährlich?

Angeblich ist elektrisch Duschen in Brasilien die billigste Methode, sogar billiger als Solarthermie. Die Heizwendeln hängen hier mit 220 Volt ohne Isolierung direkt im Wasser. In dem Video unten ist das alles genau zu sehen. Das liegt daran, dass so ein Duschkopf nur etwa 30 Real kostet, also weniger als ein Mittagessen. Dafür hat dieser Duschkopf noch 3 Sicherheitsmerkmale eingebaut, was man kaum glauben kann:

1. Es gibt ein Erdkabel. Dieses endet in der Öffnung zwischen der Heizkammer in der Mitte und der Dusch-Verteilkammer unten und soll freie Ströme im Wasser ableiten. Dummerweise haben viele Häuser in Brasilien keine Erdung. Wenn der Elektriker gut war, dann hat er das Erdkabel an den Null-Leiter angeschlossen. War er schlecht, dann läßt er das dritte Kabel einfach weg - er hat ja keinen Anschluss dafür. Ganz schlechte glauben, die Wasserleitung sei der richtige Ort für die Erdung - dann steht eventuell auch das Ventil für die Wasserzufuhr unter Strom. Das hatten wir aber nirgends angetroffen.

2. Es gibt eine Sicherheitsschaltung: Eine Gummimembran zwischen Heizkammer in der Mitte und dem Stromschalter oben drückt die Anschlüsse der Heizwendeln gegen die Kupferschienen des Schalters darüber - aber nur, wenn Wasserdruck vorhanden ist. Sonst würde aus der Dusche ein kurzlebiger Heizstrahler. Das funktioniert wirklich gut.

3. Ein gibt einen Druckreduzierer im Zulauf, der in der Montageanleitung extra beschrieben wird. So wird der Durchfluss vermindert. Zusätzlich sind die Löcher für die Wasserstrahlen etwas größer als bei uns, dadurch zerfallen die Wasserstrahlen schnell zu eine Reihe Tropfen, die nicht mehr leitend ist.

Somit war auch das Rätsel von Michaels Stromschlag gelöst: Seine Hand war beim Hochlangen in den Bereich des leitenden Wasserstrahls gekommen, und gegenüber dem Erdpotential des nassen Fußbodens mit Abflussrohr hatte der Null-Leiter wohl noch ein paar Volt Differenz. Nichts wirklich gefährliches, aber schockierend.

In Foren diskutieren seitenweise deutsche Ingenieure und Technik-Liebhaber, die in Brasilien leben, über dieses Phänomen. Verlinkt werden gerne auch Horrormeldungen über Menschen, die in solchen Duschen starben und Erfahrungsberichte von Elektroduschen-Schocks. Deutsche können kaum glauben, dass es in Brasilien keinerlei Prüfzeichen gibt.

Manche nennen diese Duschen auch "Suicidal shower" und Einheimische verstellen die Temperatur nur mit kurzen präzisen Schlägen auf den Duschkopf unter Zuhilfenahme einer Plastikflasche oder eines anderen, wenig leitenden Gegenstandes wie FlipFlops. Tipp: Mit einem trockenen Handtuch am Ventil lässt sich das Wasser ohne Stromschlag auch an- und abstellen. Und wenn der Architekt etwas mehr als 200 Real investiert hat, dann gibt es auch in Brasilien eine korrekt isolierte Dusche.


Tierisches

Im tierreichen Pantanal kommt es natürlich vor, dass sich der eine oder andere Bewohner auch mal in ein Hotelzimmer verirrt. Besonders beliebt sind da die fliegenden Viecher, allen voran die Mücken. Da wir in der Trockenzeit unterwegs waren, hatten wir in den klimatisierten Räumen damit weniger Probleme. Gute Moskitonetze gab es in zwei Unterkünften.

Einmal hatten wir eine dicke Schabe im Badezimmer, die Michael dann mit Hilfe einer aufgeschnittenen Getränkedose und einem Blatt Papier eingefangen und vor die Türe gesetzt hat. Wahrscheinlich hat sich der nächste Vogel die leckere Mahlzeit nicht entgehen lassen. Die meisten eher unangenehmen Viecher trifft man auf dem Hotelgelände, so wie handgroße Kröten, riesige Nachtfalter oder Taranteln.

Aber fast überall gab es im Badezimmer einen "Stubenfrosch". Ein meist kleineres Exemplar saß fast immer in der Dusche, ab und zu hörten wir ihn dann auch mal hinter der Klimaanlage. Mit gelegentlichem lauten Quaken ist zu rechnen, also nicht erschrecken. Die Tierchen sind harmlos und halten sich auch gerne mal unter der Klobrille auf. Das konnte ich leider nicht fotografieren, diese Mitbewohner sind nämlich sehr scheu.



Video zum Thema

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