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| Rundgang |
An einem etwas trüben Tag hatten wir keine Lust zum Wandern und fuhren über die Grenze in Teschechien. Dort wollten wir eigentlich ins Riesengebirge, doch die Fernsicht war schlecht und der Weg dorthin lohnte sich somit nicht wirklich. So entschlossen wir uns kurzfristig für einen Schlossbesuch in Friedland, auf Tschechisch Frýdlant. Hier im Vorland des Isergebirges steht auf einem Basaltfelsen über dem Fluss Smeda ein mächtiger Schlosskomplex, am Rand der Stadt Frýdlant v Cechách im Okres Liberec. Ich bleibe hier der Einfachheit halber bei der deutschen Schreibweise. Es ist die "Stadt der Schulen" mit fast 8.000 Einwohnern, Textilindustrie und Maschinenbau bestimmen die Wirtschaft.
Von Zittau aus fährt man durch einen Zipfel Polen etwa eine halbe Stunde hierher und das hat sich auf jeden Fall gelohnt. Als wir ankamen hatten wir Glück, denn es begann gerade eine Führung auf Deutsch. Außer uns waren es noch zwei weitere Besucher, So war die Gruppe auch überschaubar, alleine darf man hier nicht herein. Insgesamt waren wir eine gute Stunde unterwegs, der Eintritt kosteete 180 CZK pro Person. Montags ist hier geschlossen, sonst gibt es je nach Jahreszeit unterschiedliche Schließzeiten, jeweils von 9:00 Uhr bis spätestens 16:30 Uhr.
Die staatliche Burg und Schloss Frýdlant gehört zu den bedeutsamsten Denkmälern in ganzem Böhmen und stellt eine schöne Verbindung einer mittelalterlichen Burg und einem Renaissanceschlosses dar. Die frühgotische Burg wurde von der Familie von Ronow erbaut. Aus dieser Zeit stammt auch noch der Kern des markanten, runden Turms, der noch heute den Bau dominiert.
1278 ging die Domäne in den Besitz des Hauses Biberstein über, das maßgeblich am Bau des großen Burgschlosses beteiligt war. Die Stadtmauer wurde errichtet und Stadtprivilegien wurden vergeben.
Zwischen 1558 und 1620 war Friedland im Besitz des Hauses Redern, das die Herrschaft weiter ausbaute. Die Rederns waren gute Manager und Krieger, aber auch Baumeister und Kunstförderer. Sie bauten das Neurenaissanceschloss und die Kapelle. Der Familie wurde die Herrschaft im Zuge der katholischen Gegenreformation Böhmens entzogen.
Im Laufe der Zeit wechselten wieder die Besitzer, der bekannteste von ihnen erwarb die Burg im Jahr 1621 für 150.000 Gulden. Der kaiserliche Obrist und berühmte Feldherr aus den Dreißigjährigen Krieg Albrecht von Wallenstein verband sie mit seiner gleichzeitig erworbenen, weiter südlich in Böhmen gelegenen Herrschaft Gitschin. Aufgrund des Besitzes der Herrschaft wurde Wallenstein 1625 zum Herzog von Friedland erhoben.
Seine Ländereien blühten während des Dreißigjährigen Krieges sehr auf, als sie seine Armee versorgten. Die Region Friedland wurde damals "Terra felix", das glückliche Land, genannt. Nach seiner Ermordung 1634 wurde sein Besitz ebenfalls konfisziert und die Herrschaft seinem Gegenspieler Matthias Gallas verkauft.
Nach mehreren Schlossbränden am Ende des 17. Jahrhunderts kamen frühbarocke Umbauten hinzu. Die ursprüngliche gotische Burg ist nicht vollständig erhalten. Heute ist das Schloss ein großes zweistöckiges Gebäude um einen kleinen, unregelmäßig geformten Innenhof mit dem vorherrschenden zylindrischen Turm. Der letzte große Umbau fand in den 1860er Jahren statt, als der Burgwärterflügel wieder aufgebaut wurde.
Aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts stammt die Schlossküche mit einer Sammlung von Kupfer- und Zinngeschirr. Beide Öfen und der Grill sind noch voll funktionsfähig.
Die letzten adeligen Besitzer war die Familie Clam-Gallas, die das Schloss bereits im Jahr 1801 der Öffentlichkeit zugänglich machte. Damit wurde Friedland zum ersten und somit ältesten Burgmuseum Mitteleuropas. Nach dem Zweiten Weltkrieg konfiszierte der tschechoslowakische Staat aufgrund der sogenannten Beneš-Dekrete den Besitz des Adelsgeschlechts und damit auch das Schloss Frýdlant. Im Gegensatz zu vielen anderen Anwesen wurde die Burg aber nie als Kommandatur, Lager, Kaserne oder für Amtsbüros genutzt - es wurde quasi 1945 die Tür abgeschlossen und erst nach 50 Jahren wieder geöffnet. Ab 1995 wurde mit der Sanierung begonnen, bis heute ist die Anlage in staatlicher Hand.
Im Schloss sind 50 Räume öffentlich bei Führungen zugänglich und der Rundgang ist sehr interessant, denn es gibt viel zu bewundern. Die Inneneinrichtung besteht aus Möbeln der letzten vier Jahrhunderte. Vollständig erhalten sind zahlreiche Raumgestaltungen aus dem 19. Jahrhundert im Stil des Historismus, die noch bis 1945 als Wohnräume der Besitzerfamilie genutzt wurden.
Vor allem im Renaissanceflügel aus der Zeit um 1600 gibt es viele seltene Stücke. Hier hat sich die originale Ausstattung der Räumlichkeiten in seltener Vollständigkeit aus dieser Zeit erhalten.
Zu besichtigen sind Erinnerungen an Albrecht von Wallenstein, ein Rittersaal mit Porträts der Besitzer von Gallas und Clam-Gallas, die Waffenkammer, ein Standesamt und eine Sammlung historischer Pfeifen.
Dazu die prachtvoll augestatteten Repräsentationsräume, Damen- und Herrenzimmer, Kinderzimmer, Bad und Küche. Man wird durch die Dienstbotengänge geführt und darf hinter so manche Tür auf Toiletten oder Bäder schauen. Im Flur steht mal ein ausgestopfter Bär, in einem Zimmer sind Zeltplanen an der Decke gespannt wie in einem Wüstenzelt und selbst die Gästezimmer boten damals schon allen Komfort. Manchmal hielten sich die Besucher hier Monate auf und verfügten über ein eigenes Bad.
Alle Zimmer sind üppig mit originalen Möbeln, Spiegeln, Sofas, Schränken mit Intarsien, Uhren, Lampen, Gemälden, Porzellan und anderen Gegenständen eingerichtet.
Auch die Renaissancekapelle St. Anna ist Teil der Führung. Am Ende liefen wir noch einmal auf einem schmalen Pfad rund ums Schloss mit schönen Ausblicken, so wie auf dem letzten Foto dieser Seite.
Nach der Führung haben wir dann erfahren, dass es noch eine zweite Führung gibt, bei der die Pfeifen- und Waffenausstellung in der alten Burg präsentiert werden. Das passte für uns aber zeitlich gar nicht mehr, je nach Interesse sollte man sich also besser vorher informieren, z.B. bei cztip.eu oder direkt beim Schloss - leider nur auch Tschechisch.
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