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WASSERFÄLLE

Auf der Seite Am Ushba könnt Ihr lesen, warum ich - Michael - alleine weiter gewandert bin, während Ingrid weiter unten auf mich wartete.

Da wir an diesem Tag prächtiges Wetter hatten und der am Parkplatz eben überquerte Fluß mit Gletscherwasser kräftig sprudelte waren schöne Bilder von den Wasserfällen zu erwarten. Die wollte ich natürlich machen. Da die Wanderung mit "moderat" beschrieben wurde stellte ich mir das auch nicht als besonders schwierig vor. Ich wollte ja gar nicht bis oben, eine schöne Aussicht sollte genügen.

Es sollte westlich des Ushba mehrere Wasserfälle geben, und mit einigen Stunden Zeitaufwand konnte man es sogar bis oberhalb davon zur Gletscherzunge auf der Nordflanke zum Ushba Gletscher schaffen. Das war für mich aber zu weit. Mir war nicht klar, dass die routinierten Bergwanderer eine Strecke als moderat bezeichnen, auf der man nicht die Hände einsetzen muß.

Mit einer Flasche Wasser versorgt und der Kamera behängt ging es los, natürlich mit Hut und Sonnencreme gut geschützt. Im Gebirge brennt die Sonne ganz schön. Ingrid hatte ich gesagt, das ich mindestens 1,5 Stunden brauchen würde. Also ging es erstmal weiter durch den steinigen Hohlweg, der nach einer Weile recht steil wurde und an der steilsten Stelle sogar zwei Serpentinenkurven hatte. Schon erstaunlich, wie die berittenen Soldaten und auch die Georgier mit Touristen auf ihren Pferden hier locker hoch kamen. Mit einem Offroadfahrzeug hätte man das wohl zwischen anspruchsvoll und schwierig eingestuft.

Nach etwa 600 Metern Strecke bog der Forstweg nach links in den Berg ab, die Wanderstrecke führte als Fußweg geradeaus weiter oberhalb des Flusses Dolra immer weiter an dessen linken Ufer entlang. Aber es gab ja überall rot-weiße Markierungen, zudem hatte ich auch noch mein Smartphone mit OSMAND-offline-Navigation dabei. Dort war dieser Wanderweg sogar eingezeichnet, im Gegensatz zu Google-Maps.

Inzwischen hatte ich die ersten 100 Höhenmeter hinter mir und der Weg schlängelte sich nach einigen offenen Flächen mit kleinen Büschen und Beerenbewuchs in den dichten Bergwald hinein.



Im Wald

Hier im Bergwald wurde die Wanderung richtig angenehm. Die hohen Nadelbäume gaben reichlich Schatten, unten im Tal rauschte der Fluß und der Waldboden federte weich bei jedem Schritt. Überall standen verschiedene Pilze unter den Bäumen oder wuchsen am Totholz, etliche Male konnte ich sogar Fliegenpilze fotografieren.

Erst nach einem halben Kilometer gab es die ersten Hindernisse, hier ging es ein Stück den Hang entlang, wo es hauptsächlich größere Felsbrocken und nur kleinwüchsigen Baumbestand gab. Es war etwas mühsam zu begehen und ich mußte hier und da von Stein zu Stein einen großen Schritt machen. Hier war nicht einmal der große swanetische Holzschlitten durchgekommen, er lag vor dieser Passage unten im Wald in einer Nische neben dem Weg.

Nach einigen hundert Metern ging die Strecke wieder im Wald weiter. Inzwischen war der Weg wie die Dolra selbst etwas aus der Nordrichtung nach Nordwesten abgebogen und ich war weit genug um das Bergmassiv des Mazeri, der vor hier aus noch vor dem Ushba liegt, herumgekommen, um einen ersten Blick nach Norden in Richtung der Wasserfälle werfen zu können. In der klaren Bergluft und bei schönstem Sonnenschein waren die Kaskaden in ihrem Sturz über eine Abbruchkante gut zu sehen, aber doch nicht so richtig zum Greifen nah. Mit dem Fernglas konnte ich sogar einige Wanderer am Fuß des kleineren Falles auf der linken Seite erkennen - rote Jacken auf grünem Grund.

Ohne große Anstrengung ging es nun einen knappen halben Kilometer weiter, denn der Wanderweg blieb jetzt fast auf einer Höhe. Es wirkte, als ob er sich zum Fluß hinuntersenkte, in Wahrheit war es der Fluß, der ja vom Berg hinunter kommt, der an Höhe gewann. Schließlich trafen sich Weg und Fluß an einer Brücke, die aus nebeneinander liegenden Baumstämmen mit querliegenden Zaunpfählen als Trittfläche bestand, und dies nichtmal waagerecht. Mein Respekt vor den bergtüchtigen Pferden stieg weiter, ich mußte mich auch zu Fuß gut konzentrieren, denn unter den feuchten und rutschigen Rundhölzern schäumte und gurgelte das Wildwasser mit enormer Geschwindigkeit. Bloß nicht ablenken lassen von der bewegten milchigen Fläche.

Auf der anderen Seite war ein einfaches Tor auf dem Weg wieder zu schließen. Dann ging es mit ein paar Kurven hinauf zu einem sehr rustikalen Zelt-Camp, welches die Pferdevermieter hier im dichten Wald unterhalb der Wasserfälle angelegt hatten. Damit war auch der Sinn des Tores klar, die frei herumstreifenden Pferde sollten nicht ohne Führung auf dem Wanderweg in Richtung Brücke laufen. In dem Camp konnte ich an einer für die dortige Campingküche verwendeten Quelle meine Wasserflasche wieder füllen. Das Wasser schmeckte köstlich.

Hinter dem Camp ging es nun in einer anderen Richtung weiter. War ich bislang dem Lauf der Dolra in Richtung Nordwesten gefolgt führte der Weg nun nach Nordosten den Berg hinauf. Es wurde steiniger und der Wald hörte schon bald auf, als die 1.900 Meter Höhenlinie überschritten wurde. Somit war ich bislang 200 Meter geklettert.





Der Aufstieg

An der Waldgrenze kamen mir ein paar Touristen entgegen, offenbar auf dem Rückweg vom Wasserfall. Einige schnauften auch bergab ganz schön und wirkten auf mich noch weniger fit als ich selbst. Mich packte jetzt der Ehrgeiz - wenn diese Leute das konnten, dann würde ich es auch schaffen. Frohgemut schritt ich aus und wartete darauf, endlich wieder einen freien Blick auf die Wasserfälle zu bekommen. Hier kamen mir jetzt auch die beiden jungen Russen entgegen, die schon lange vor mir oben angekommen waren.

Mit diesem Blick musste ich mich ganz schön gedulden. Der Weg führte mittlerweile auf eine alten Geröllhalde steil bergauf, aber am rechten Rand gab es einen etwas dichteren und höheren Bewuchs mit Büschen als mitten auf der Halde, der die Sicht versperrte. Die Steigung hatte laut Navigationsprogramm inzwischen stolze 50% erreicht: 100 Höhenmeter auf 200 Meter Strecke. Der Weg selbst führte zwischen kleineren Felsbrocken mit wenig Kurven direkt den Hang hinauf. Meist ging es über große eckige Steine in der Größe von Schuhkartons, dazwischen Erde, Gras und Bärenklau. Die Sonne brannte mir hier von Süden direkt auf den Rücken, mir wurde heiß.

Standhaft hielt ich mich an die Regel: Bei Durst immer nur einen Schluck! Ich hatte schließlich nur einen halben Liter dabei. Einige Male mußte ich mich kurz hinsetzen und ausruhen. Erstaunlicherweise fand ich immer wieder mal Pferdeäpfel auf dem Weg, offensichtlich kamen die Bergführer mit Touristen auf Pferderücken auch diesen steilen Weg hinauf.

An einigen Stellen gab es jetzt Ausblicke sowohl auf den kleineren Wasserfall direkt über mir und auch auf den größeren, der östlich davon in Richtung des Mazeri liegt. Etwa von halber Höhe aus konnte ich fast direkt in die Klamm des rechten Wasserfalls hineinblicken, aus der die Sprühnebel der Kaskaden unten hervortraten. Weiter oben im Nordosten schaute mittlerweile auch der Nordgipfel des Ushba über die Kante der Vorgebirge. Einen konkreten Namen für die Fälle kann ich nicht angeben, auf der Karte steht an beiden Fällen Shdugra (Mazeri) als Name.

Nach etwa drei Viertel des Aufstiegs macht der Weg eine Kurve nach links, dort geht es jetzt noch steiler hinauf zur Felskante oberhalb der Fälle. Ich bin rechts abgebogen, also von der Richtung her weiter geradeaus zum unteren Ende des linken Falles. Zwei andere Abzweigungen, die mein Navi als Wege zu Ausichtspunkten angezeigt hatte, habe ich nicht gefunden. Der von mir gewählte Weg war nicht sehr intensiv begangen. Er ging im Vergleich zum bisherigen Pfad stellenweise sehr eng zwischen großen Felsen und Buschwerk hinducht, ab und zu konnte ich wieder einen Blick auf die Fälle erhaschen. Dafür machte sich die Anstrengung in mittlerweile über 2.100 Meter Höhe bemerkbar, in immer kürzeren Abständen musste ich Pausen einlegen. Aber es war doch nur noch ein ganz kleines Stück, ich war doch schon fast da...

Etwa 80 Meter vor dem Fall endete der Bewuchs, direkt in einer Kurve konnte ich mich an einer Quelle abkühlen. Aber klare Sicht hatte ich hier immer noch nicht, ein Hügel war dazwischen. Nochmal 50 Meter parallel zum Hang nach rechts, dann um eine Felsnase herum und nochmal 25 Meter einen mit Gas bewachsenen steilen Hang hinauf: Geschafft!

Hier stand ich auf einem kleinen Plateau etwa 20 Meter vor den Fällen und auf einem Drittel der Fallhöhe. Über mir kam das Wasser etwas schlammig über zwei Kaskaden herunter, stürzte an mir vorbei und platschte dann ein Stück weiter unten in einen kleinen Pool. Von dort ging es über Geröllhalden weiter ins Tal, wo sich der Bach mit dem Wasser aus dem größeren Fall weiter rechts vereinigte und schließlich weit unten im Wald verschwand.

Ich genoss sowohl die Aussicht ins Tal bis Becho hinunter als auch den Sprühnebel des Wasserfalls, der mich angenehm abkühlte. Über dem Pool bildete sich in der prallen Sonne sogar ein Regenbogen. Erstmal genießen und ausruhen. Danach habe ich dann die ersehnten Fotos und auch ein Video gemacht, was unten zu sehen ist.

Den Rückweg habe ich zumindest bis hinunter zum Pferdecamp ganz ruhig angehen lassen. Einen verknacksten Knöchel oder ein verdrehtes Knie konnte ich jetzt gar nicht gebrauchen. Trotzdem ging der steile Abstieg ganz schön auf die Knie. Nach dem Camp ging es ja ziemlich einfach weiter, da konnte ich mich wieder erholen. Schließlich kam ich nach 4 Stunden wieder an der Lichtung bei Ingrid an.





Video zum Thema

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