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Wir sind, aus Mumbai kommend, am Raja Bhoj Airport in Bhopal gelandet und haben die erste Nacht im Hotel Jehan Numa Palace verbracht. Die Fahrt dorthin führte durch die Stadt, vorbei an Seen und Moscheen. Die Hauptstadt des Bundesstaates Madhya Pradesh hat ca. 2 Millionen Einwohner und präsentiert sich als modernes Industriezentrum. Hier gibt es hauptsächlich chemische Industrie, Baumwoll- und Edelsteinverarbeitung. Der Name des Ortes stammt von einem König namens Bhoja. Er regierte in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts über die historische Region Malwa und entstammte der regional bedeutsamen Parmara-Dynastie.
Im Zentrum liegt die Altstadt mit ihren Märkten. Der Chowk ist gesäumt von alten Moscheen und Havelis, die an eine lange vergangene Ära erinnern. Die Stadt liegt zwei Seen, mittendrin ist kleinere Lower Lake, und nach Westen schließt sich der riesige Upper Lake an, auf denen man Bootsausflüge machen kann und es gibt viel Grün im Stadtgebiet. Beeindruckend ist die Neustadt mit ihren grünen Parks und Gärten, weiten Prachtstraßen und modernen Gebäuden. Am Stadtrand entstehen moderne Shopping Center und es gibt einen guten öffentlichen Nahverkehr durch MyBus mit eigenen Busspuren in die Stadt.
Auch kulturell hat Bhophal einiges zu bieten, es gibt eine Universität, Musikakademie, Theater, Kinos und sehr gute Museen. So wie das Indira Gandhi Rashtriya Manav Sangrahalaya, ein Museum der Nachkolonialzeit, oder das Government Archaeological Museum. Die Vorgängerin der Stadt, Bhojapal, wurde im 11. Jahrhundert von Raja Bhoja gegründet.
Leider hatten wir nicht so viel Zeit um die Stadt zu erkunden, denn am nächsten Tag sind wir schon früh wieder aufgebrochen, um auf dem Weg in die Satpura Ranges den Tempel von Bhojpur und die Höhlen von Bhimbetka zu besichtigen. Dort haben wir dann 5 Nächte verbracht und wollten eigentlich auf dem Rückweg nach Bhophal die Stupas von Sanchi besichtigen. Da diese Strecke aber sehr lang war und entgegen einer falsch geplanten Route sowieso über Bhopal führte haben wir das auf den nächsten Tag verschoben und uns von der Fahrt im schönen Hotel Jehan Numa Retreat ausgeruht. So war der freien Tag dann halb für Sanchi verplant und auf dem Rückweg haben wir noch die Taj-ul-Masajid Moschee besucht, die grösste in Bhopal. Bilder davon auf der Seite Darul Uloom Taj-ul-Masajid.
Sehenswert soll auch die Altstadt sein, überragt von der Freitagsmoschee mit ihren roten Sandsteinmauern und gedrungenen Minaretten. Sie wurde im Jahre 1837 auf Veranlassung von Qudsia Begum (1801-1881) erbaut, der ersten weiblichen Herrscherin von Bhopal. Im Osten der Stadt steht eine weiter Moschee mit schlanken Minaretten und goldenen Spitzen, die Moti Masjid.
Im Südwesten von Bhopal am Ufer des Upper Lake liegt der 445.21 Hektar grosse Van Vihar National Park, den wir ebenfalls besucht haben. Im Jehan Numa Retreat in direkter Nachbarschaft konnte man sich Fahrräder leihen und gemütlich durch den Park radeln. Wir sind auf dem Weg vom Moscheebesuch zurück zum Hotel mit Auto und Fahrer durchgefahren. Fazit vorab: Den Besuch kann man sich eigentlich sparen, denn man sieht nicht viel und das Ganze ist eher ein Zoo oder Safaripark. Zudem ist mit eigenem Auto der Eintritt ziemlich hoch.
Es gibt verschiedene Gehege, in denen sich Tiger, Lippenbären, Wildschweine, Hirsche, Krokodile und andere Tiere befinden. Verbunden sind diese durch die Dr.Salim Ali Road entland des Ufers des Upper Lake, wilde Tiere suchten wir hier vergeblich und auch nicht alle Bewohner der Gehege ließen sich blicken. Dazu war noch eine Menge los und wir stellten eine größere Attraktion dar als die Tiere, denn wir waren die einzigen Europäer vor Ort. Es gibt hier sogar asiatische Löwen und man kann diverse Schlangen in einem "Snake Interpertation Center" besichtigen.
Gerade dieses Schlangengehege bot uns wieder eine typische Szene: Vor uns ging eine indische Familie in den Gang mit Schlangen-Terrarien hinter Glas. Direkt am Eingang des Tunnels hing ein großes Schild: Nicht an die Scheiben schlagen, denn wenn das Glas bricht, was dann? Was macht der vor uns gehende Familienvater: Er bollert hefig an die Scheibe des ersten Terrariums, um die langweilige Schlange etwas auf zu muntern. Seine Kinder konnten offenbar besser lesen und überzeugten ihn lautstark davon, dass man so etwas nicht macht.
Für Vogelfreunde ist der Krokodilteich wohl ganz nett, hier sammeln sich viele Wasservögel. Auch zahlreiche bunte Pieper leben im Schutzgebiet, die man aber nur mit viel Glück sieht. Im Garten des Hotels war da mehr los. Auf Grund der Erfahrungen verzichteten wir dann aber auf einen weiteren Besuch mit dem Fahrrad vom Hotel aus, zum Radeln war es uns auch einfach viel zu heiß.
Wenn der Name Bhopal fällt, dann denkt jeder sofort an die Katastrophe von Bhopal im Jahr 1984 und man kann keine Seite über diese Stadt machen ohne dies zu erwähnen. Dieser Unfall ging als die schwerste Chemiekatastrophe in die Geschichte ein. Es ist viel darüber berichtet worden, hier nur eine kurze Zusammenfassung. Unten Videos zum Thema. Als Reisender, der nur für wenige Tage vor Ort ist, bekommt man von den Problemen in der Stadt nicht viel mit.
Im Werk der Union Carbide of India Limited, einer Tochtergesellschaft der Union Carbide Corporation, wurden in der Nacht vom 2. auf 3. Dezember 1984 rund 40 Tonnen Methylisocyanat, das zum Pestizid Sevin weiterverarbeitet werden sollte, freigesetzt. Die Giftgaswolke trieb lautlos und dicht über dem Boden durch ein angrenzendes dicht besiedeltes Elendsviertel. Die Menschen dort hatten keine Chance, das Giftgas verätzt die Haut, die Augen, die Lungen, innere Organe, die Schleimhäute. Allein in den ersten drei Tagen nach dem Unglück starben nach offiziellen Angaben 1.600 Menschen sofort und rund 6.000 weitere an den unmittelbaren Nachwirkungen.
Eine halbe Million Menschen waren insgesamt betroffen und heute summiert sich die Zahl der Opfer auf über 20.000 Menschen. Auf 100.000 wird die Zahl derer geschätzt, die mit chronischen Krankheiten überlebten, die sich offensichtlich zum Teil weitervererben können. Traurig ist, das auch heute nach 30 Jahren noch jede vierte Schwangerschaft in Bhopal mit einer Totgeburt endet. Viele Kinder kommen mit Geburtsfehlern auf die Welt. Union Carbide kaufte sich für 470 Millionen Dollar von allen Schadenersatzforderungen frei, aber nur ein kleiner Teil des Geldes kam bei den Opfern an. Den Familien wurden Entschädigungssummen von meist 100.000 Rupien gezahlt, ca. 1300 Euro.
Damit nicht genug, denn seit dem Beginn der Produktion im Jahr 1979 hatte Union Carbide giftigen Abfall einfach in sogenannte Verdunstungsteiche auf dem Fabrikgelände geschmissen, von dort aus wurde dann das Grundwasser verseucht, von dem 50.000 Anwohner leben. Sie holen es sich über Handpumpen ins Haus und vergiften sich so. Unglaublich, das die indische Regierung es endlich nach Jahrzehnten im Jahr 2014 geschafft hat den Menschen in den betroffenen Teilen der Stadt Wasserleitungen zu legen. Eine zweite "Katastrophe in Bhopal". Siehe dazu den Bericht Eine Katastrophe ohne Ende: Bhopal 30 Jahre danach.
Wir sind an den Mauern der ehemaligen Fabrik vorbei gefahren, die verlassen mitten in der Stadt liegt. Betreten hätten wir das Gelände nie. Die Todesfabrik rostet vor sich hin, ein Gericht musste den Bundesstaat im Jahr 2005 sogar zwingen, eine neue Mauer rundum zu bauen. Unten auf Google Maps ist das Gelände zu sehen. Im Smog sahen wir die verlassenen Ruinen, durch die Lücken in der Mauer, die mit Protesten bemalt ist. Kinder spielten dort Kricket, Menschen gehen im verseuchten Teich angeln. Die Natur hat sich das Gelände zurück geholt, unter der Oberfläche lauert der Tod. Laut Umweltaktivisten ist die Erde immer noch mit hochgiftigem Stoffen verseucht.
Hier noch ein sehr guter Link zum Thema: die sehr gut aufbereitete Multimedia-Seite von Spiegel Online.
Videos zum Thema
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