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WELTKULTURERBE

Kinderdijk gehört zur Polderlandschaft Alblasserwaard und liegt, wie 43% der Niederlanden, unter dem Meeresspiegel. Zuerst wurde dem Meer Land abgerungen und Deiche gebaut. Dann legte man die dahinterliegende Torflandschaft trocken und machte sie urbar für die Landwirtschaft.

Es gab allerdings zwei grundlegende Probleme: häufige Überschwemmungen, bei denen nicht ausreichend Grund- und Regenwasser abgeleitet wurde. Und das genaue Gegenteil: Dem Schwammähnlichen Torfboden wurde zu viel Wasser entzogen, der dadurch immer mehr in sich zusammen fiel. Es mussten immer größere Anstrengungen unternommen werden, um den Höhenunterschied zum ableitenden Fluss, der seinerseits weiter anstieg, zu überwinden.

Graf Floris V. gründete im Jahr 1377 den ersten Deichverband, um diese beiden Probleme zu bekämpfen. Er hatte erkannt, dass die Komplikationen mehr oder weniger hausgemacht waren. Wenn jeder Grundbesitzer nur seinen eigenen Nutzen vor Augen hatte, konnte dies für die Gemeinschaft kein gutes Gesamtergebnis bringen. Er ließ einen Deichgrafen wählen, der dem neu gegründeten Deichverband vorstand. Gemeinsam übernahm man nun die Verantwortung für die Deiche, und die Regulierung des Wasserstandes.

Trotz dieser organisatorischen Verbesserungen, gab es in den Jahren 1404 und 1421 "Land unter" in der Provinz. Die heranrollenden Wassermaßen der ersten und zweiten Elisabethenflut überschwemmten erbarmungslos das Land und Tausende von Menschen fanden den Tod. Sie hatten wegen Kriegen und Grenzstreitigkeiten in den letzten Jahren davor die Pflege ihrer Deiche vernachlässigt.

Als die Flut langsam wieder abebbte und das Wasser sich in Meer zurückzog wurde laut Sage ein Kleinkind gefunden, das in einer Wiege einsam und verlassen auf dem Wasser trieb. Glücklicherweise konnte es gerettet werden und die Legende vom Kinderdijk, dem Kinderdeich, war geboren.

Nach der Elisabethenflut suchte man mit Eifer nach neuen Lösungen für ein konstantes Abpumpen des Wassers. Maschinen mussten her, die das leisten konnten: Windmühlen. Der Alblasserwaard lag bis zu anderthalb Metern unter dem Meeresspiegel, während der Wasserspiegel vom Fluss Lek deutlich höher lag. Die Pumpleistung einer Mühle betrug damals etwa einen halben Meter, was bei weitem nicht ausreichend war, um diesen Höhenunterscheid zu überwinden.

So schaffte man eine terrassenartige Anlage, zwischen Polder und Fluss wurden Kanäle auf unterschiedlichen Höen angelegt. Auf den Trenndeichen wurden Mühlen erbaut, die das Wasser aus den jeweils tiefer liegenden Becken um eine Stufe höher gepumpt haben. Dieses fein aufeinander abgestimmte System ist noch bis heute komplett erhalten und zu bewundern. Heutzutage sind die Mühlen hier das Symbol für das Wassermanagement in Holland und wurden 1997 auf die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO gesetzt.

Die acht runden Windmühlen aus Backsteinen auf dem Nederwaard-Polder schaufeln seit 1738 das Wasser über den Kanal in ein unteres Bassin. Sie stehen nicht in einer Reihe, sondern wurden versetzt angeordnet damit sie sich nicht gegenseitig den Wind wegnehmen. Das Phänomen des Windschattens war natürlich schon im 18. Jahrhundert bekannt. Diese Mühlen sind sogenannte Grundsegler, weil ihre Flügel so groß sind, dass sie fast den Grund erreichen. Sie waren extrem schwer für den schwammigen Torfboden und so kam es immer wieder zu Problemen mit der Standfestigkeit. Bis auf die Museumsmühle sind alle Mühlen heute noch privat bewohnt.

Von dort aus leiten wird das Wasser zum Oberwaard-Polder gleitet, auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals in das obere Bassin. Hier baute der Deichverband Overwaard einen anderen Mühlentypus, nämlich die achteckige Poldermühle aus Holz. Da das Mühlenhaus weniger massiv war, besaßen die Poldermühlen nur ein Reetdach. Vielleicht hat man diesen leichteren Mühlentyp entwickelt, da es hier auf dem höheren Deich noch mehr Probleme mit dem Platz und dem Standfestigkeit gab. Acht der zehn Overwaard-Mühlen wurden im Jahr 1740 direkt am Deich erbaut, die anderen etwas weiter im Landesinneren und alle haben ein Wasserrad im Inneren. Holzmühlen sind anfälliger für Feuer. Im Jahr 1982 ist Mühle Nummer 2 abgebrannt, wurde jedoch wieder aufgebaut. Nach ihrem Wiederaufbau erhielt sie mit über 29 Metern Länge die längsten Segel von ganz Kinderdijk.

Wenn es der Wasserstand im Fluss Lek zulässt, werden am Oberbecken die Elshout-Schelusen geöffnet. Das Wasser fließt dann in die Lek ab, die es ins Meer transportiert.

Die 19. Mühle steht einsam auf der anderen Seite des Ufers, es ist eine sogenannte Kokerwindmühle oder Wipmolen. Ihr Name Blokker stammt von dem Gebiet, auf dem die Windmühle steht: der Blokweer-Polder. Wann diese Mühle genau erbaut wurde, ist nicht bekannt aber hier stand schon um 1500 eine Kokerwindmühle. De Blokker ist mehrmals abgebrannt, das letzte Mal im Jahr 1997. Die neueste Version stammt aus dem Jahr 2001.







Segel setzen

Die Mühlen sind kostenlos zu besichtigen. Zwar werden am Eingang des Fuß-/Radweges Tickets verkauft, doch die braucht man nur, wenn man die Museumsmühle besichtigen will. Wir waren nicht drin.

Auch wenn man kein Mühlenfachmann ist fällt beim Sapziergang im Gelände sofort auf, dass sich auf den beiden Poldern des Kinderdijk zwei gänzlich verschiedene Mühlentypen gegenüberstehen - so wie weieter oben beschrieben. Das liegt daran, dass es zwei Deichverbände gab, den Niederwaard und den Overwaard.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde in den ganzen Niederlanden die Holländerwindmühle, auch Kappenwindmühle, erfunden. Zumeist ist dieser Typ ein achteckiger hölzerner Bau auf einem soliden Fundament, bei dem nur die obere Kappe mit einem auf der Rückseite bis fast zum Boden reichenden Balkensystem am Haubenende zum Vordrehen der Kappe oder der Windrose drehbar ist. Durch die hoch gelegte Drehebene konnte das ganze Gebäude größer und stabiler ausgelegt werden. Damit waren auch größere Flügelkreuze mit einer wesentlich höhere Leistung bis zu 30 kW möglich.

Eine Windmühle ist ein technisches Bauwerk, das mit seinen vom Wind in Drehung versetzten Flügeln Arbeit verrichtet. Am meisten verbreitet war die Nutzung als Mühle, deswegen wird die Bezeichnung auf alle derartigen Anlagen übertragen. Die im Wind enthaltene kinetische Energie wird als mechanische Energie nutzbar gemacht. Dazu entnehmen Windmühlen mit ihren Flügeln aus dem Wind die Energie und wandeln diese in Rotationsenergie um. Dazu müssen die Flügel so in den Wind gedreht werden, dass dieser von vorne darauf blasen kann und sie in Bewegung versetzt werden. Die auf diesem Weg gewonnene Rotationsenergie wird über eine Flügelwelle in das Mühlengebäude geführt.

Da für die Entwässerung einzelne Mühlen nicht ausreichten, wurden Windmühlen in manchen Gebieten konzentriert aufgestellt, was durchaus als Vorläufer moderner Windparks gelten kann.

Der Segelgatterflügel der Windmühlen in Kinderdijk besteht aus einem Gitterkreuz aus Latten, das mit einem Segeltuch bespannt werden muss, um die Fläche aufzuspannen. Diese Flügel müssen zu Beginn der Arbeit einzeln besegelt werden, das heißt, jeder einzelne Flügel muss bestiegen und die am Tragbalken des Flügels wie an einer Rah auf einem Segelschif festgemachten Segel müssen mit Leinen auf dem Flügel gespannt werden. Genau das haben wir an einem windigen Tag im Februar erlebt und konnten ein paar schöne Fotos davon machen.

Die Besonderheit beider Mühlentypen ist die bewegliche Haube, die von einer einzigen Person in die jeweilige Windrichtung gedreht werden kann. Die Segel sind aus Segeltuch und ähnlich einem Schiffsegel. An der Segelvorderkante wird das Segel mit dem Tau eingehakt und an der Hinterkante mit Leinen festgemacht. Abhängig von der Windstärke muss die Segelfläche während der Arbeitszeit verkleinert oder vergrößert werden. Im Sommer ist diese Arbeit sicher angenehm, aber im Winter bei Schnee und vereisten Leinen durchaus gefährlich.

Der Brand vieler Mühlen infolge Überdrehens durch orkanartige Winde und Heißlaufen der Bremse lag oft an der zu spät verkleinerten Windfläche oder an einer unzureichenden Bremse zur Feststellung des Flügelkreuzes.







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