MEIN JAHR IN ISRAEL (2) Leider begann genau zum Zeitpunkt meines 6-Wöchigen Aufenthaltes der Libanonkrieg. Mehr dazu - in Englisch - könnt Ihr hier lesen: The Lebanon War. Über Nacht wurden die Männer, die Reservisten waren, eingezogen. Die Arbeitskräfte fehlten und wir Volunteers erklärten uns spontan dazu bereit, etwas länger zu arbeiten. Auf der Hauptstrasse Richtung Rosh HaNikra rollten mit hoher Geschwindigkeit Panzer in Richtung libanesische Grenze. Innerhalb von Stunden stand die israelische Armee ein paar Kilometer hinter der Grenze und die Bevölkerung versorgte die vorbeifahrenden Soldaten an Strassenständen mit Trinkwasser und Obst. Leider schossen die Kämpfer der Gegenseite aber einige Katschjuschraketen in Israels Norden. Man stelle sich vor: Wir Volunteers liegen gemütlich am Pool, blauer Himnmel, die Vögel singen... Plötzlich Sirenen und ein aufgeregter Kibbuznik der schreit: "Sofort Matratzen holen und dann ab in den nächsten Bunker!" Huch? Ängstlich späht man zum Himmel. Nix! Man zieht mit sämtlichen Klamotten in den Bunker. Draussen tut sich nix. Plötzlich Lärm. Im Nachbarbunker ziehen gerade die Gäste vom Club Mediterranee ein. Der Rundhüttenclub liegt am Strand von Achziv, da gibt es keine Bunker. So kommen alle in unseren Kibbuz und veranstalten nebenan eine "Bomb Shelter Party". In der Mitte steht ein dicker Animateur und verbreitet "Gute Laune". Draussen wird ein Buffet aufgebaut, dass sich die Tische biegen, und wir Volunteers düfen uns bedienen. Wie im Schlaraffenland. Danach liegen wir gesättigt unterm Sternenhimmel. Es tut sich immer noch nichts. Die Nacht im Bunker wird lustig, ca. 30 Leute aus aller Welt zusammengepfercht in einem unterirdischen Raum. Das Bild entstand am Abend. Am Morgen bringt der "Zimmerservice" Frühstück und wir legen uns wieder in die Sonne. Die englischen Volunteers beschliessen in die Bar zu den Trinkvorräten zu ziehen. Plötzlich ist über uns ein merkwürdiges Pfeiffen zu hören, gefolgt von einer dumpfen Detonation. Da ist man dann plötzlich sehr schnell wieder im Bunker verschwunden. Die Katjuscha ist weiter nördlich in Nahariyya runtergekommen, die Flugbahn geht lang über uns hinweg, wir liegen zu dicht an der Grenze. Nach zwei Tagen konnten wir dann aus dem Bunker raus und das Leben nahm fast wieder seinen normalen Gang. Nur im Fernsehen kamen Sonderberichte über den Kieg im Libanaon. Das einzige, was planmässig kam, war "Dallas". Im Speisesaal sassen jetzt eine Menge junger Soldaten auf Durchreise. Na ja, so hatte ich mir meinen Urlaub eigentlich nicht vorgestellt. Aber das Zusammenleben mit all den jungen Leuten aus England, den Niederlanden, Deutschland, USA, Kanada, Australien, Irland, Neuseeland und Süd-Afrika hatte meine Sprachkenntnisse und auch mein Selbstvertrauen, auf eigenen Füssen stehen zu können, enorm gestärkt. Zurück in Deutschland fiel ich dann schnell wieder in den alten Trott. Arbeiten gehen, am Morgen die muffigen Gesichter in der Bahn, mein damals etwas provinzieller Freundeskreis - ich sehnte mich zurück nach Freiheit und Internationalität. Die meines Erachtens positiven Veränderungen, die ich an mir feststellte nach den 6 Wochen Auslandsaufenthalt, verschwanden im Alltag fast gänzlich. Also fing ich an zu grübeln... Da ich noch bei meinen Eltern wohnte, hatte ich keine Möbel oder Wohnung aufzugeben. Mein Job machte mir auch keinen grossen Spass, ich war damals nicht ausgelastet und hasse nichts mehr, als beschäftigungslos herumzusitzen. Was lag näher, als Deutschland für einen begrenzten, absehbaren Zeitraum den Rücken zu kehren? Einfach ein Jahr Pause machen? Der Gedanke gefiel mir immer besser. Also bei der Sozialversicheung erkundigt, was ich weiterzahlen musste für die Rente, bei der Versicheung, wie ich mich im Ausland absichern konnte, beim Kibbuz angefragt, ob ich für ein Jahr aufgenommen würde, meinen Eltern beibringen, dass ihre einzige Tochter für ein Jahr von der Bildfläche verschwindet, meinen Freunden und Bekannten erklären, warum und wieso ich das tue, meinen Job kündigen, ein Ticket bei EL AL kaufen, ein 10 kg Packet mit all den Sachen vorschicken, die ich meinte zu brauchen, tränenreichen Abschied nehmen und losfliegen. Da war ich nun - Back again! Es war der 30.März 1983. Im Laufe der Zeit verbesserten sich meine Sprachkenntnisse. Das ist sowieso ein Phänomen. Man spricht täglich abwechselnd Englisch, Deutsch und Iwrith. Manchmal auch alles durcheinander. Dann fallen einem manche Vokabeln nicht mal in Deutsch ein, dafür aber in Englisch. Dazu kamen noch die verschiedenen Dialekte der Englisch sprechenden Volunteers. Engländer, Amerikaner mit starkem Akzent, Aussies; die Engländer verstanden kaum die Südafrikaner, die Iren sprachen anders als die Neuseeländer und ein Schotte sprach nur Deutsch, wenn er betrunken wurde. War schon ziemlich lustig. Die meisten blieben ja kein Jahr, sondern nur ein paar Wochen, so dass bis auf eine "Stammbesatzung" auch laufend Neue dazukamen. Pärchen bildeten sich und gingen wieder auseinander, gemeinsame Ausflüge wurden einmal im Monat vom Kibbuz organisiert. Auch auf eigene Faust konnte man umherreisen und als Volunteer in jedem anderen Kibbuz für eine Nacht Unterschlupf finden. So habe ich mir auch andere Kibbuzim der verschiedenen Kibbuzbewegungen angesehen und bin in allen Landesteilen unterwegs gewesen. Religiöse Kibbuzim wie Lavi, den ersten am Kinnereth- Dehaniya Aleph, im Süden war ich in Gescher und in Ein Gedi am Toten Meer. Hier sind noch ein paar Bilder von gemeinsamen Ausflügen. |