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MINE LA MEJICANA

Von der Bahnstation Chilecito in die Sierra de Famatina zu dem goldreichen Bergwerk La Mejicana wurde 1904 von der Leipziger Firma Adolf Bleichert eine 35 Kilometer lange Drahtseilbahn erbaut. Da die Mine La Mejicana auf 4.600 Meter über dem Meersspiegel lag, konnten nur so Erz und Arbeiter in 8 Sektionen über 35 km rauhe Berglandschaft transportiert werden. Dabei wird eine Höhendifferenz von 3.510 Metern überwunden. Diese Förderanlage war seinerzeit die längste und höchste der Welt und ein Meisterwerk der Ingenieurskunst. 450 Hänge-Loren, jeder alleine 250 Kilo schwer, bewegten mit 9 Kilometern in der Stunde Menschen und Material. Die Betreiber der Mine waren Engländer, die Arbeiter kamen meist aus Chile. Die Menschen waren an große Höhen gewöhnt und der Ort wird wegen seiner Bewohner seitdem Chilecito: "kleines Chile" genannt, vorher hieß er Santa Rita.

Die Mine ist aber nicht nur von Chilecito aus erreichbar, sondern etwas weiter nördlich wurde am Fuß der Bergkette der Mine La Mejicana auch der Ort Famatina gegründet. Es gab noch mehr Bergwerke in der Region, diese Mine war aber bei weitem die spektakulärste und bekannteste. Als die Engländer 1930 den Betrieb einstellten, ließen sie alles im Stich und die beiden Orte stiegen auf Landwirtschaft um. In Famatina werden Wein und Nüsse produziert, in Chilecito lebt man hauptsächlich von Oliven und Früchten. Oben in den Bergen, wurde eine ökologische Katastrophe hinterlassen. Der Fluss, der aus den Bergen nach Chilecito fließt, ist gelblich und giftig. Denn zum Abbau von Gold werden, neben Unmengen an Trinkwasser, auch Zyanid und Ätzkalk eingesetzt. Die Minen verursachen eine Übersäuerung des Wassers, das selbst heute noch durch die Schwefelsäure einen PH-Wert von 2 aufweist.

Wasser ist aber lebenswichtig für die Bewässerungsgebiete und genügt kaum für die heutigen Bedürfnisse intensiver Landwirtschaft. Daher werden Pläne, hier in der Region wieder Bergbau zu betreiben, von der Bevölkerung auch heftig bekämpft. Carlos Menem, von 1989-99 Präsident des Landes, hat die Minen während seiner Amtszeit an Kanadier verkauft die sie jetzt wieder in Betrieb nehmen wollen. Überall an Häusern und Straßen findet man Zettel mit der Aufschrift: "Ni Oro Ni Urano" der Bewegung Contramina. Denn Minen zerstören die Bergwelt, verschmutzen Flüsse und entziehen den ansässigen Gemeinden das lebensnotwendige Wasser für den Anbau ihrer Agrarprodukte, das ist heute jedem Bauern klar.Widerstand gegen die gierigen Multis wird natürlich nicht gerne gesehen.

Die Seilbahn ist schon lange nicht mehr in Betrieb, die große Talstation am Ortsrand an der alten Eisenbahnlinie von Chilecito aber für historisch Interessierte sicherlich einen Besuch wert. Man kann La Mejicana auch mit einer organisierten Tour mit Off-Road Fahrzeug erreichen, entweder über eine Agentur in Chilecito buchbar oder von der Ortschaft Famatina im Norden aus.

Am interessantesten und relativ einfach zu erreichen ist die zweite Station der Drahtseilbahn. Ein Muss für technisch und historisch Interessierte.



Estacion No 2

Die Länge einer Drahtseilbahn ist eigentlich unbegrenzt, allerdings werden bei Längen über 5.000 m Zwischenstationen eingeschaltet, an denen das Zugseil unterbrochen wird. So eine Station befindet sich weit oben über Chilecito. Hier teilte sich sogar die Trasse, auf der einen Seite beginnt die Trasse in Richtung Berge, auf der anderen Seite gibt es zwei Trassen, auf einer wurde das Erz und Betriebsstoffe von und zur Eisenbahnstation südlich der Stadt transportiert, auf der anderen in Richtung Stadt wurden hauptsächlich Menschen und lokale Versorgungsgüter befördert.

Unten im Ort war der Weg zur Station mal wieder nicht ausgeschildert. Wir hatten vorher gelesen, dass man sich in Richtung Santa Florentina orientieren mussten. Alle Straßen münden, wie so oft, irgendwan auf die eine Ruta, die in Richtung Berge führt. Nach einer halben Stunde Fahrt kamen wir dann zu dem kleinen Ort namens Santa Florentina. Hier standen auf der kleinen Plaza schon die ersten Minen-Artefakte etwas zurechtgemacht herum.

Die Straße führt dann weiter, nicht asphaltiert, aber gut befahrbar, vorbei an einem Campinglatz mit Pool und uralten zusammen genieteten Wasserrohren. Danach geht es nach links recht steil bergauf, uneinsehrbare enge Kurven führen hoch zur Station. Begrenzt ist der Weg mit hellblauen Holzkreuzen. Unten fließt der gelbe Rio Amarillo und im Hintergrund erheben sich die schneebedeckten Gipfel der Sierra de Famatina. Kein anderer Wagen kam uns entgegen, das wäre auch eng geworden. Oben parkten wir irgendwo auf dem großen Vorplatz unser Auto und besichtigten die noch gut erhaltene Station. Teilweise stinkt es stark nach schwefelhaltigem, gelblichen Gestein. Hier oben gibt es Beschilderungen, Papierkörbe, Bänke und einen Wächter in einem Besucherzentrum. Der hielt sich ziemlich im Hintergrund, freute sich dann aber sichtlich, als Michael einige holprige Sätze zur Geschichte und Funktion der Anlage mit ihm wechselte. Er hätte uns gerne mehr erklärt, aber unsere fehlenden Spanischkenntnisse verhinderten leider eine umfangreichere Kommunikation. Dafür holte er uns extra aus seinem Büro das kleine informative Faltblatt zur Seilbahn - allerdings auch auf Spanisch. In der Station kann man vorsichtig überall herumstreunen, vieles ist noch erhalten. In einem Maschinengebäude steht noch eine der alten Dampfmaschinen von der Maschinenfabrik Büttner aus Uerdingen am Rhein, die aber nicht mehr funktioniert. Damalige Leistung: 60 PS lesen wir im Park von Santa Florentina.

Von hier aus kann man auch zu Fuss weiter hoch gehen, immer der Seibahntrasse folgend. Einen Bericht darüber gibt es hier.



Die Drahtseilbahn

Die industrielle Förder-Drahtseilbahn funktioniert ganz anders als heute bekannte touristische Kabinenbahnen, wo meist zwei Kabinen im Wechsel auf zwei Tragseilen auf und ab gezogen werden. Sie funktioniert eher wie ein Skilift mit einem endlosen, umlaufenden Zugseil. Die Laufbahn für die Hänge-Loren wird durch zwei parallel nebeneinander gespannte Drahtseile, die Standseile, gebildet. An einen der Endpunkte der Bahn sind diese fest verankert und an dem andern Endpunkte über Rollen gelegt, mit Gewichten belastet und so gespannt. Zwischen den Stationen werden die Standseile durch Stützen getragen, die sich noch weit sichtbar die kahlen Hänge hochziehen. Wo die Trasse über einen Hügel führt wird das Zugseil durch extra Rollen vor dem Durchhängen geschützt.

Bis zu einer gewissen Länge kann man so eine Förderstrecke aufbauen, bei der die Hänge-Loren am Zugseil befestigt sind und an den Endstationen automatisch gefüllt und entleert werden. Für so eine lange Strecke wie hier in den Anden reichte dieses einfache Prinzip aber nicht aus, hier bestand die Seilbahn aus 9 Teilstücken mit jeweils eigenem Zugseil mit eigener Dampfmaschine auf jeder der 7 Zwischenstationen. Zudem war je nach Bedarf Erz, Material, Nahrung oder Personal zu befördern. Also mussten die Hänge-Loren flexibel eingesetzt werden können. An dieser Stelle kommen wir zur Erfindung von Herrn Bleichert:

Die Hängeloren sind nicht fest an das Zugseil geschraubt, sondern jede Hänge-Lore hat eine Klemm-Kupplung mit einer starken Feder, die über einen Winkel-Hebel geöffnet oder geschlossen werden kann. Erreicht die Hänge-Lore, auf dem Standseil rollend, jetzt eine der Stationen, so wird sie vom Standseil auf eine Schiene in etwa 2,20 m Höhe geleitet. Im nächsten Moment wird der Hebel der Klemmkupplung durch eine Zwangs-Führung an dieser Weiche automatisch geöffnet und die Hänge-Lore so vom ersten Zugseil getrennt. Für die Hänge-Loren gibt es jetzt auf jeder Station einen kleinen Rangierbahnhof von überkopf laufenden Schienen, wo verschiedene Typen von Hänge-Loren geparkt werden können und auf ihren Einsatz warten.


Zur Weiterbeförderung wird eine Hänge-Lore nun auf einer anderen Schiene zum nächsten Standseil geschoben. Bevor das Ende der Schiene erreicht ist führt diese schon von der Seite an das Zugseil heran. Hier betätigte vermutlich ein Arbeiter den Hebel der Klemmkuplung. Jetzt wird die Hänge-Lore vom weiten Zugseil weitergezogen und am Ende der Schiene auf das Standseil zur nächsten Station geleitet.

Mit dieser Technik der wahlfreien Verbindung von Hängloren und Zugseil war es möglich, eine Förderstrecke beliebiger Läge auf zu bauen, Hänge-Loren zu verschiedenen Zwecken zu mischen, Strecken auf mehrere auf zu teilen und wieder zusammen zu führen. All dies wurde hier verwirklicht.

Wie anstrengend und gefährlich die Arbeit auf diesen Stationen war kann man sich jetzt vorstellen: Mit Ladung wog jede Hänge-Lore etwa 500 kg und kam mit 9 km/h auf der Stations-Schiene an. Im Normalfall wurde sie einfach gerade durch die Station hindurchgeleitet und wieder auf das nächste Zugseil geschoben. Je nach Bedarf waren aber auch passende Weichen und Bremsen zu betätigen. Da durft niemand an der falschen Stelle einer Hänge-Lore im Weg stehen, die Hänge-Loren mussten vor dem Einkuppeln die passende Geschwindigkeit von 9 km/h haben, und zur Entlastung der Maschine mussten die Hänge-Loren in einem festgelegten Abstand und Rythmus auf dem aufwärts und abwärts führenden Seil laufen, damit es immer ein gewisses Gegengewicht gab.

Wer noch mehr Informationen zur Seibahn sucht, für den habe ich noch einen ganz besonders ausführlichen Link: Die Erschließung der nordargentinischen Kordilleren mittels einer Bleichertschen Drahtseilbahn für Güter und Personen (Chilecito-La Mejicana Wire Ropeway, Mina La Mejicana). Dieser Bericht ist zudem noch etwas ganz besonderes, da er vom Bau-leitenden Ingenieur stammt.


Google Map zum Thema

Estancion No 2

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