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Am westlichen Ende des Ferienortes Balenario El Cóndor befindet sich der langgezogene Playa del Faro, ein feiner Sandstrand mit einer senkrecht aufragenden Felswand dahinter. Man kann zu Fuß vom Ort aus dort hingehen, der flache Strand mit festem Sand ist ein beliebter Platz für Spaziergänger, Hundebesitzer und Jogger. In der Steilwand leben Felsenpapageien (Loro Barranquero Patagónico (Cyanoliseus patagonus)). Je näher am Ort, umso mehr Höhlen haben die Vögel in die Steilküste gegraben. Bei Anlage der Nester war hier wahrscheinlich noch keine Bebauung, doch der Ort ist in den letzten Jahrzehnten immer weiter gewachsen bis an die Brutstäten heran.
Felsensittiche brüten gerne in Kolonien in Sandstein- und Kalkfelsen. Geeignete Nistplätze sind daher selten und existieren vor allem in der Nähe von Wasser, z.B. an Flüssen, Seeufern oder Meeresküsten. Als Nahrungsquelle benötigen die Vögel im Umkreis von bis zu 60 Kilometern relativ große Flächen wenig gestörter natürlicher Vegetation. Dort finden sie Samen, Knospen, Beeren und Früchte der Büsche der Monte-Vegetation als Nahrung.
Felsensittiche wurden zwar von Landwirten wiederholt als Schädlinge von Nutzpflanzen bezeichnet, aber in den bisherigen Studien konnte kein intensiver Schaden festgestellt werden, der eine solche Behauptung rechtfertigen würde. Die Vögel sind auf die natürlichen Ressourcen angewiesen und nehmen dafür weite Wege in Kauf.
Südamerikanische Felsensittiche leben auf beiden Seiten der Anden und wir haben sie auch schon in kleinen Kolonien in den Bergen beobachtet. Die bunten Vögel verdanken ihre Verbreitung bis an die Küste mutigen Artgenossen. Diese überquerten vor 120.000 Jahren die Berge, dabei flogen die Tiere vermutlich über einen mehr als 3.000 Meter hohen Pass unweit des Aconcagua, des höchsten Berges in den Anden.
In El Cóndor handelt es sich nicht einfach um irgendeine Vogelkolonie, man sollte in Superlativen denken. Hier bildet die Art die weltweit größte Kolonie aller Papageienvögel, mit mehr als 35.000 Paaren. So sagen die Forscher, die sie gezählt haben. Die Kolonie erstreckt sich über neun Kilometer Steilküste aus Sandstein und ist unter Touristen noch weitgehend unbekannt. Selbst wenn, wird sie in vielen Reiseführern höchstens in einem Nebensatz erwähnt.
Das Gebiet erhielt den internationalen Status "lmportant Bird Area", was aber leider keine praktische Bedeutung im Sinne eines rechtswirksamen Schutzstatus hat.
Wenn man den Strand betritt, dann schallt einem das laute Krächzen von tausenden von Papageien in den Ohren. Oft belagern sie oben auf der Klippe die Küstenstraße hinter dem Leuchtturm, die Straßenränder im Ort und sämtliche Strom- und Telefonleitungenin der Region sind gerade am Abend oft dicht besetzt. Dabei geben sie ständig ihre typischen Geräusche von sich. Erst nach Einbruch der Dämmerung ist Ruhe, wer in El Cóndor lebt, der muss die Vögel mögen. Wir waren hier im Paradies und hätten noch Tage mit der Beobachtung der riesigen Schwärme verbringen können.
Leider ist der Ort sehr nah an die Nester gerückt. Dabei hatten wir ja Glück und waren in der Vorsaison hier fast alleine. Am frühen Morgen konnten wir die Vögel sogar auf dem Boden sitzend beobachten, sie pickten bei Ebbe Mineralien und kleine Meerestiere vom feuchten Strand. Aber schon unsere vorsichtige Annäherung hat sie verschreckt. Ein kleines Video davon ist unten auf der Seite El Cóndor zu sehen.
Allerdings haben wir nur eine kleine Gruppe zum Abheben gebracht. Völlig unabhängig von unserer Annäherung haben sich an verschiedenen Stellen des Strandes mal eine Handvoll, mal ein Dutzend, oder sogar hunderte von Vögeln mit wildem Krächzen zu einem Rundflug verabredet, sind abgehoben, an uns vorbeigeflogen und im Ort, an der Steilküste oder im Hinterland wieder gelandet. Auch wenn wir uns der Felswand zu sehr nähertn erhob sich im näheren Umkreis wildes Geschrei. Alle Wächter hatten gut aufgepasst und gaben erst nach etwa 15 Sekunden wieder Ruhe, wenn man sich nicht weiter bewegte. Der für die Kolonie ungefährliche Rückweg von der Felswand weg führte nicht zum Alarmruf, sondern wurde nur beobachtet.
Zur Hochsaison werden die Vögel hier massiv gestört, in der Hauptsaison zwischen Mitte Dezember und Anfang Februar füllt sich der Strand am Fuß der Steilküste mit Badegästen und Fahrzeugen. Denn Autos dürfen bis auf den Strand gefahren werden, und hunderte Fahrzeuge parken oft nur 20 Meter von den unteren Nestern der Felsensittiche entfernt. Es finden sich Bilder dazu in Internet, das findet leider genau zu der Zeit statt, wenn die Vögel ihre Jungen versorgen müssen. Es werden sogar Motorradrennen direkt unter den Nestern veranstaltet. Nur wenn Flut ist werden die Menschenmassen vom Strand vertrieben und die Vögel haben etwas mehr Ruhe. Dafür kommen dann viele Angler und Drachflieger starten von den Klippen.
Die Steilküste ist hier an der Atlantikküste viele Kilometer lang und bis zu 60 Meter hoch. Die Felsenpapageien kommen ein bis zwei Monate vor der Eiablage in das Brutgebiet und verlassen es meist in den Wochen nach dem Flüggewerden der Jungtiere. Brutsaison ist von Oktober bis Februar, wir waren also gerade am Anfang vor Ort.
Die Altvögel graben ihre Bruthöhle in die weichen Steilwände aus Sandstein, Kalkstein oder Lehm - oder besetzen eine schon vorhandene Höhle. Die Brutkammer liegt dabei tief im Felsen, manchmal bis zu drei Meter, denn sie wird jedes Jahr tiefer. Vermutlich ist wie bei den afrikanischen Uferstinten das Graben ein wichtiger Vorgang, um die Paarungsbereitschaft zu aktivieren. Wenn die Vögel vorne rausgucken, dann sitzen sie dabei so zu sagen auf ihrem Balkon. Felsensittiche benutzen kein Nistmaterial, sie legen ihre 2-5 Eier auf den Boden auf den blanken Fels.
Absolut faszinierend ist zu beobachten, wie sie immer wieder die Höhlen aus Vorjahren finden und erneut nutzen. Jede Bruthöhle wird von einem Paar bewohnt, am Eingang kommt es oft zu Rangeleien denn der Platz muss gegen nachwachsende Konkurrenz verteidigt werden. Meist sieht es so aus, als zankten sich zwei Paare um den richtigen Landeplatz und die Nachbarn gucken irritiert oder misstrauisch zu. Oft hatten wir aber auch den Eindruck, zwei Altvögel würden mit zwei Jährlingen als Viererbande umherfliegen, und nun müsse sich die Familie zur Brutsaison trennen. Der Nachwuchs scheint davon aber nicht begeistert zu sein. Oder es ist genau anders herum, und die Jährlinge helfen bei Brutpflege und Verteidigung der Höhle, bis sie selbst in das passende Alter kommen. Auf jeden Fall ist es schön zu beobachten.
Im Rahmen des Felsensittichprojektes in dieser weltweit größten Papageienkolonie finden seit mehreren Jahren Untersuchungen beispielsweise zu Auswirkungen veränderter Umweltbedingungen auf den Fortpflanzungserfolg der Vögel und ökologischer Bedeutung der Gefiederfärbung statt.
Mittags und Abends liegt die Steilküste im Schatten, aber mit der Morgensonne sind die Felsen und der Strand wunderbar ausgeleuchtet und man kann tolle Fotos machen. In einigen ganz unten liegenden Höhlen entdeckten wir auch Schwalben, mitten zwischen ihren lauten, großen grünen Nachbarn.
Wer mehr zu dieser Thematik wissen möchte kann sich auf diesem PDF mit vielen schönen Fotos informieren. In El Cóndor wurde sogar eine neue Flohart in der Papageiennase entdeckt, mehr dazu hier und hier.
Und noch drei interessante Artikel mit vielen Infos und tollen Fotos von Kücken findet Ihr auf den Seiten Brutkolonie von Felsensittichen in Patagonien (Teil 1) und (Teil 2).
Eigene Videos zum Thema
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