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MIETWAGEN

Aufgrund unserer Vorlieben für unabhängiges Reisen, für das Fotografieren und die Beobachtung auch kleiner Tiere kam eine Reise mit dem Bus nicht in Frage. Wir wollten im Zweifelsfall spontan auf die Bremse steigen können und auch exotische Wege befahren, also musste ein eigenes Auto her. Diese Strategie hat sich auch bei einigen Tierbegegnungen, Landschafts- und Pflanzenbildern und in abgelegenen Gegenden bewährt.

Patagonien ist groß, weit und leer. Der Anteil ungeteerter Straßen am mageren Straßennetz ist noch deutlich höher als zum Beispiel in Australien. Erd- und Schotterstraßen stellen über Hunderte von Kilometern hohe Ansprüche an Material und Fahrer, uns konnte das aber nach unserern Erfahrungen mit der Gibb-River-Road und der Fahrt durch die Baviaanskloof nicht mehr schrecken.

Nach einger Suche fanden wir im Internet außer den Reiseberichten einger Fahrrad- und Motorradfreaks auch ein paar ins Englische übersetzte Seiten mit Tipps zum Autofahren auf patagonischen Straßen. Zusammen mit den oben erwähnten Erfahrungen auf anderen Kontinenten ergaben diese Hinweise für uns ein klares Fazit: Alles halb so wild. Die Straßen dort sind ja da, weil die Argentinier selbst sie brauchen, und die wollen schließlich auch ankommen.

Preisklasse

Die Suche nach einem Autovermieter gestaltete sich dann aber überraschend schwierig. Anfang 2003 war die argentinische Bankenkrise noch deutlich zu spüren, von den großen Vermietern wollte sich keiner auf Preise festlegen, die mehr als 2 Monate im Voraus gültig waren. So waren wir als Frühbucher ganz schön aufgeschmissen. Mittlerweile hat sich das eventuell wieder gebessert, auf Nachfrage hatte zum Beispiel das Hertz-Büro in Bariloche kein Problem mit Preisen für ein halbes Jahr im Voraus. Für uns fand unser Reisevermittler einen kleinen Vermieter in San Martin de los Andes, der eine für uns akzeptabele Kalkulation machen konnte.

Im Gegensatz zu Australien haben die Autovermieter keine vorgeschobenen Probleme mit den vielen Schotterstraßen. Jeder darf fahren wohin er will. Dafür sind aber auch die Preise der gesteigerten Abnutzung angepasst, uns sackte die Kinnlade spontan in Richtung Brustbein. Ich habe hier der Einfachheit halber die Hertz-Preise für unseren Renault Kangoo von Ende 2003 mit einem Kurs von 3:1 in Euro umgerechnet.

Im Gegensatz zu anderen Ländern - auch Deutschland - ist die Teilkasko- oder sogar Vollkaskoversicherung mit reduzierter Selbstbeteiligung (500,- bzw 0,- Euro) gar nicht mal so teuer: ca. 10,- bis 30,- Euro pro Tag. Dafür kostet der Wagen selbst schon 70,- Euro pro Tag bei nur 200 Frei-Kilometern. Jeder Kilometer mehr kostet ca. 0,3 Euro, und die Rückführung bei einer Einweg-Miete kostet nochmals ca. 0,2 Euro pro Kilometer. Eine unlimited-Miete verdoppelt nahezu den Grundpreis und rechnet sich erst ab 400 km pro Tag.

Der Rest ist ein Rechenspiel. Anhand unserer Route kamen für uns im Schnitt unter 300 km pro Tag heraus, insgesamt 400 km mehr als vorher geschätzt. Damit ist eine unlimited-Miete meistens unwirtschaftlich, auch wenn die Entfernungen groß sind. Man will ja nicht jeden Tag nur im Auto zubringen - Wanderungen, Besichtigungen und Ausflüge drücken den Schnitt.

Ein weiteres Rechenspiel ist die Versicherung. Mit unserer goldenen Lufthansa-Visa-Card ist zwar eine Teilkasko mit 250,- Euro Selbstbeteiligung eingeschlossen. Allerdings wurde uns bei Barzahlung ein so hoher Rabatt eingeräumt, daß die angebotene Versicherung mit 500,- Euro Selbstbeteiligung deutlich billiger war. Hier muss man immer aktuell Bedarf, Risiko und Zahlungsmöglichkeiten gegeneinander abwägen.

Falls man nicht die teuerste Variante wählt sollte man immer damit rechnen, daß ein Reifen oder eine Scheibe selbst bezahlt werden müssen. Wir haben zum Schluss für einen ruinierten Reifen und eine verlorene Radkappe ca. 70,- Euro dazubezahlt - keine große Sache bei dem üppigen Gesamtpreis.

Typfrage

Bei den ersten Angeboten stellte sich uns spontan die Frage: Wollen wir wirklich nach Argentinien? Einige Vermieter konnten als größtes Auto nur einen Opel Corsa anbieten, was für kalkulierte 6.500 km einfach zu klein war.

Das andere Extrem war ein Allrad: Ein Nissan oder Chevrolet 4x4-Pickup mit Long-Cabin und 4 Türen, welche uns mit effektiv etwa 120,- Euro pro Tag aber einfach zu teuer waren. Wir hatten schließlich gelesen, daß es auch mit einem normalen Auto zu schaffen sei. Ausserdem schlürften viele der dicken Kisten reichlich Super-Benzin.

So landeten wir schließlich bei einem Renault Kangoo. Mit viel Platz und einem sparsamen Dieselmotor erschien uns dieses Fahrzeug brauchbar. Diese Einschätzung hat sich in unserem Urlaub bestätigt. Gefertigt bei Renault Argentina und vom Fahrwerk an die argentinischen Straßen angepasst haben wir Situationen gemeistert wo andere Leute mit Allrad aufgegeben hatten.

Folgende Vorteile stellten sich mit der Zeit heraus:

Der Wagen hat für uns alle Erwartungen erfüllt und mehr. Für uns keine Frage: Ein Kangoo ist für ganz Argentinien optimal geeignet, wenn man auf eine Klimaanlage verzichtet, denn Diesel kostet im Gegensatz zu Benzin überall etwa das Gleiche: ca. 1,3 Peso pro Liter, also ca. 0,45 Euro. Benzin wird in Patagonien etwa um 40% subventioniert und ist damit etwas billiger als Diesel - aber nicht im Norden.

Eine Schwäche des Kangoo will ich nicht verschweigen: Auf Asphalt neigte der Wagen bei zu hoher Geschwindigkeit zum Untersteuern. D.h. er schiebt vorn aus der Kurve heraus, weil man in einer überraschend eng werdenden Kurve aufgrund der weichen Federung Angst vor dem Umkippen hat und nicht ausreichend stark einlenkt. Also lieber etwas gemächlicher fahren.

Als Fotografen haben wir natürlich die elektrischen Fensterheber vermißt. Im Gegensatz zu Südafrika muss man bei dem patagonischen Wind die Fenster immer wieder schließen, was auf die Dauer ganz schön lästig werden kann. Angesichts der anderen Vorteile aber nur ein leichter Nachteil.

Fazit

In dem einen Jahr von unseren ersten Recherchen bis Anfang 2004 hat sich die Situation in Argentinien zum deutlich entspannt, zudem entwickelt sich die Tourismusbranche rasant. Statt eines einzigen Autovermieters haben jetzt allein in San Martin de los Andes etwa 6 eine eigene Webseite, auch wenn viele noch ausschließlich in spanisch sind. Die Konkurrenz wird die Preise für Direktbucher sinken lassen - der Service war sowieso schon einwandfrei.

Da man auf jeden Fall etwas Spanisch lernen sollte kann man ja mit der E-Mail an die Autovermieter anfangen. Schriftlich geht das viel leichter. Dabei sollte man genau aufführen was für einen Wagen und welche zusätzlichen Leistungen man braucht. Außer der Abholung am Flughafen oder der Unterkunft sind in Patagonien unbegrenzte Kilometer und ein zweiter Reservereifen eine Leistung, mit der sich ein Angebot von anderen abheben kann. Auch die Zahlungsmodalitäten und damit verbundene Rabatte sind einen Briefwechsel wert.

Die Rückführungskosten schlagen sich natürlich bei der Routenplanung nieder: Eine Schleife, bei der der Startpunkt relativ nah am Endpunkt liegt, ist vorteilhaft. Dabei hat man dann immer die Wahl zwischen Vermietern am Start- und Zielort.

Eine letzte Anmerkung: Es bietet sich zum Beispiel San Carlos de Bariloche als Startpunkt für eine kombinierte Argentinien-Chile-Tour an. Im Gegensatz zu den chilenischen Bestimmungen mit horrenden Notarkosten ist es kein Problem, mit dem Mietwagen von Argentinen nach Chile zu fahren.

Video zum Thema

Renault Kangoo Werbung auf spanisch

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