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Auf der Suche nach einer netten Unterkunft für ein paar Tage im Herbst 2022 mit attraktivem Umfeld kamen wir auf die Ferienwohnung Gräfin Anna und somit auf die hübsche Burgenstadt Schlitz. Sie hat knapp 5.000 Einwohner und liegt im Osten des mittelhessischen Vogelsbergkreises am gleichnamigen Fluss Schlitz kurz vor dessen Mündung in die Fulda.
Die Kleinstadt ist bekannt durch die angeblich fünf Burgen der Stadt, dabei handelt es sich hier eher um eine einzige Stadtburg, die von einer Stadtmauer umgeben war. Die äußeren Häuser waren mit der einen Seite in die Stadtmauer integriert und drei der heute so bezeichneten Burgen sind große Steinhäuser, die jeweils einem Geschlechtersitz gehörten. Die vierte Burg ist ein großes Ensemble aus Fachwerkbauten, und die fünfte Burg eher ein Schlösschen, etwas abseits gelegen in einem Park unten an der Schlitz, heute zur Musikakademie gehörig. Schön zu erkenen ist das Stadbild mit etwas Abstand vom Burgberg, wie auf der Seite Wandern am Tempelberg mit BLick auf Schlitz zu sehen ist.
Schlitz ist beliebtes Ausglugsziel, bei unserem Aufenthalt im Herbst war hier aber nicht mehr ganz so viel los. Hier wohnten wir mitten im Zentrum und der Ort ist eine gute Wahl für Touren Richtung Fulda, Vogelsberg oder zur hessischen Rhön.
Die älteste erhaltene Erwähnung von Schlitz stammt von 812. Die Herren von Schlitz bauten ab dem Mittelalter eine Herrschaft aus Lehen auf, die sie vom Hochstift Fulda erhalten hatten. Um 1100 machen sich Unruhen breit, so dass eine Befestigung des Burghügels nötig wird. Die im Tal gelegene Burg Niederschlitz wird im Jahr 1265 zerstört. Infolge dieser Auseinandersetzung werden die Bewohner des Rings um die Oberburg mit mehr Rechten ausgestattet.
Schlitz wird 1418 als Flecken mit eigener Gerichtsbarkeit bezeichnet und die Verleihung der Stadtrechte dürfte zwischen 1418 und 1439 liegen.
Aus den ehemaligen Befestigungsanlagen werden im Verlauf des 16. Jahrhunderts Wohnburgen, bei deren Ausbau Stadtmauer, Wehrgänge, Zwinger und Wallgraben teilweise beseitigt wurden. Mit Einführung der Reformation 1546 und als Folge des Dreißigjährigen Krieges löste man sich immer weiter von Fulda. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts setzt eine rege Bautätigkeit ein, deren Ergebnisse gegenwärtig maßgeblich das Bild der Schlitzer Innenstadt bestimmen. Der Siebenjährige Krieg zwischen 1756 und 1763 brachte wieder Not, Elend und wirtschaftlichen Niedergang ins Land.
Die lange bestehende Leinenweberei bekommt durch einen 1717 vom Reichsfreiherrn Johann von Schlitz angeworbenen Damastweber neue Impulse. 1754 gibt es schon etwa 35 Damastwebstühle innerhalb der Stadt und Damast erlebt im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts eine Blütezeit mit 176 Leinenwebern, die dann jedoch durch die napoleonischen Kriege jäh unterbrochen wird. Der Niedergang der Leinenweberei, auch ausgelöst durch die harten Zollgesetze der damaligen Zeit, lässt in den dreißiger und vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts das Schlitzerland zu einem Notstandsgebiet werden. Noch heute gibt es hier Betriebe mit Outlet Verkauf, die edle Tischwäsche, Geschirrtücher, Bettwäsche und feine Stoffe anbieten.
Die Schlitzer Destillerie ist eine der ältesten erhaltenen Brennereien der Welt und besteht seit 1585. Hier entstehen ausgezeichnete Brände, Liköre und Spirituosen, ebenfalls ein beliebtes Touristenziel mit Besichtigungen und Verkostung. Wir haben uns auch einige Flaschen mit nach Hause genommen.
Schlitz ist vor allem bekannt und beliebt durch den sogenannten Burgenring. Der Innenstadtbereich liegt auf einem Hügel, mit seiner Ansammlung von Burgen, Türmen, Herrenhäusern, der Stadtkirche und den vielen Fachwerkhäusern bildet er ein gut erhaltenes, geschlossenes historisches Ensemble. Wegen des Burgenringes und der landschaftlichen Lage der Stadt wurde Schlitz in früheren Zeiten auch gerne mal als das "hessische Rothenburg" bezeichnet - nur eben eine Nummer kleiner. Rundum liegen schöne Wander- und Fahrradwege.
Für Touristen wird einiges geboten. Neben gemütlichen Restaurants gibt es auch ein Burgmuseum in der Vorderburg, diverse Führungen in der Stadt und die beliebete Stadtwächtertour mit dem Schlitzer Stadtwächter Hagen.
Man kann sehr gut durch Schlitz laufen und sich die Highlights im Stadtbild anschauen. Die evangelische Stadtkirche, eine dreischiffige romanische Säulenbasilika, wurde am 20. September 812 vom Mainzer Erzbischof Richolf geweiht. Die Sandkirche am städtischen Friedhof wurde im Jahre 1612 errichtet und ist eine der ältesten Querkirchen Deutschlands.
Die Vorderburg ist in ihrer heutigen Gestalt zwischen 1565 und 1600 entstanden, in ihr befinden sich heute das Burgmuseum und der Festsaal der Stadt Schlitz. Das wappengeschmückte Portal stammt aus dem Jahr 1565. Jeweils um 15.00 und um 17.00 Uhr erklingt ein Glockenspiel.
Die Hinterburg, 1493 schon erwähnt, ist in ihrem Ursprung Teil der Schlitzer Stadtbefestigung. Der jetzige dreigeschossige Bau wurde von 1561 bis 1565 errichtet und im Jahre 1647 umgebaut. Heute befinden sich hier Wohnungen.
Die Schachtenburg ist heute ein Hotel. Sie wurde im Jahre 1557 von Elisabeth, der Witwe des hessischen Kriegsrates Wilhelm von Schachten, erbaut. Sowohl das mit einem Sandsteinstockwerk versehene Südhaus als auch das in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts errichtete Nordhaus gehören nicht zu der alten, aus dem Mittelalter stammenden Stadtbefestigung.
Dann gibt es am Marktplatz noch die Ottoburg, ein frühbarockes Schloss, das zwischen 1955 und 1990 als Jugendherberge diente und sich heute in privater Hand befindet. Sie ist in zwei Bauabschnitten entstanden und steht auf der mittelalterlichen Stadtbefestigung, beim Bau wurden alte Wehrgänge abgerissen und auch ein Teil des Wallgrabens zugeschüttet. Außerdem mussten einige an der Stadtmauer gelegene Häuser abgerissen werden wodurch es damals zu erheblichen Spannungen mit der Bürgerschaft kam.
Der Marktbrunnen diente früher als Schöpfbrunnen zur Wasserversorgung der Innenstadt. Die Brunnenfigur St. Georg wurde im Jahr 1930 von der Familie des Färbereibesitzers Schmidt aufgestellt, sie wird in der heimischen Mundart als "Bornschorsch" bezeichnet. Born steht für Brunnen oder Quelle, Schorsch für Georg, also wörtlich der "Brunnen-Georg".
Neben den Burgen gibt es auch noch einige sehenswerte Häuser und Gassen in Schlitz mit viel Fachwerk und schönen Details. Das Rathaus zeigt in seinem älteren, verputzten Teil noch spätgotische Formen. Der Steinbau stammt aus dem 16. Jahrhundert. Drei Bogenportale und ein aus dem Jahre 1757 stammender Dachreiter mit Laterne und doppelter Haube heben es aus der Menge der benachbarten Häuser hervor.
Schön erhalten sind auch das Benderhaus, das Brauereihaus und ein Torbau mit Fachwerk und offenen Steinarkaden. Es bildet die historische Einfahrt zur Auerhahn-Brauerei, die 1585 im Schlitzer Stadtteil Sandlofs gegründet wurde. Die Brauerei ist aber seit 1998 stillgelegt und wird aktuell umgebaut zu einem Veranstaltungsort und sozialem Treffpunkt für die Stadt. Das Auerhahn Bier wird heute in Lauterbach gebraut.
Sehenswert ist auch das evangelische Pfarrhaus von 1610, das Haus des Amtsschultheißen Adam Weber aus dem Jahr 1786, das Hospital Schlitzerland, Obertor und Niedertor sowie die Reste der historischen Stadtmauer.
Die letzte der sogenannten Burgen ist die Hallenburg, sie liegt etwas außerhalb der Stadt und war im Mittelalter eine befestigter Gutshofs der von einem Wassergraben umgeben war. Von 1706-1712 entstand hier ein neues, spätbarockes Schloß, heute Sitz der Landesmusikakademie Hessen.
Da unsere schöne Ferienwohnung direkt an den Hinterturm grenzt mussten wir diesen natürlich auch einmal besuchen. An einem sonnigen Spätnachmittag betraten wir dann den Bergfried aus dem 14. Jahrhundert. Er hat eine Höhe von 36 Metern und wurde im Jahr 1906 nach altem Vorbild mit einer kegelförmigen Steinhaube versehen.
Seit dem 17. Jahrhundert trug er eine barocke Schieferhaube, die den gräflichen Wächtern als Wachstube diente. Ursprünglich war das Turminnere nur durch einen wahrscheinlich hochklappbaren Steg auf der Höhe unserer Ferienwohnung zu betreten, heute kommt man unten über den Hof hinein. Unterhalb des früheren Eingangs befanden früher sich mehrere Verliese, die von der gräflichen Landesherrschaft als Turmgefängnis benutzt wurden.
Heute ist der Turm ein beliebter Aussichtspunkt, den man von April bis Oktober zwischen 13:00 und 18:00 Uhr bequem mit dem alten, eingebauten Fahrstuhl aus den 1950ern erreichen kann. Dazu löst man beim Turmwärter unten ein Ticket für 2,00 Euro und wird dann von ihm hochgefahren. Unter Umständen muss man ein wenig warten, wenn er gerade mit dem Aufzug oben ist - aufgrund der Turmrundung gibt es keine Innentür, daher ist ein öffentlicher Selbstfahrbetrieb nicht zulässig.
Oben angekommen hatten wir dann den erhofften schönen Ausblick über Schlitz und das grüne Umland.
Seit dem Jahr 1991 passiert hier am Turm immer etwas ganz Besonderes. An allen Adventswochenenden erstrahlt die Schlitzer Kerze über dem Weihnachtsmarkt in den darunter liegenden Gassen. Riesige rote Stoffbahnen verwandeln den Bergfried der Hinterburg dann in die größte Weihnachtskerze der Welt. Diese überstrahlt mit ihren 42 Metern den historischen Marktplatz und fügt sich harmonisch in das Burgensembles der alten Fachwerkstadt ein. Auf der Spitze des Turmes leuchtet dann weithin sichtbar eine große elektrisch beleuchtete Nachbildung einer Kerzenflamme.
Ein Besuch im Winter lohnt sich bei dem hier Gebotenen sicher auch sehr.
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