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Diese Seite ist eine Ergänzung zur Unterkunftsseite von Chhatra Sagar, denn nur wer dort Gast ist kann die hier beschriebenen Aktivitäten mitmachen. Den Aufenthalt im Zeltcamp auf dem 100 Jahre alten Damm haben wir sehr genossen, zwei Nächte sollte man hier schon bleiben, um auch die angebotenen Ausflüge wahrzunehmen.
Mit Nandi, einem der beiden Besitzer der Unterkunft und auch des umliegenden Landes, machten wir nach dem Frühstück eine so genannte Village Tour mit dem Jeep. An diesem Tag hatten wir unseren kundigen Führer ganz für uns alleine und konnten viele Fragen stellen. Zuerst fuhren wir über Feldwege, auf denen wir noch am Morgen auf der Jagd nach schönen Vogelbildern unterwegs waren. Die Fahrt ging zu einem typischen bewässerten Feld, auf dem allerlei Gemüse und anderes nebeneinander angebaut wird. Hauptsächlich wuchsen hier Chillies und Anis, die sich je nach Wachstumsphase gegenseitig Schatten geben, dazu an den Rändern der Haupt-Wasserkanäle noch eine ganze Mange anderer nützlicher Pflanzen, die mehr Wasser brauchen: Baumwolle, Auberginen, Kohl, Sesam oder Henna für den lokalen Bedarf. Alles wird verwendet, selbst Abfallprodukte werden getrocknet und zum Kochen oder für ein wärmendes Feuer verbrannt. Hier wird nichts verschwendet und aus Plastik waren nur die Bänder aus alten Musikcassetten, die flatternd und reflektierend die Vögel vom Feld fernhalten sollten. Ein Wächter, angestellt, un die räuberischen Piepmätze zu vertreiben, zeigte uns, wie er dies durch lautes Rufen und mit Hilfe von Lehmklumpen und einer langen Schleuder den ganzen Tag lang tut. Michael konnte die Schleuder auch ein paar Mal ausprobieren, aber es bedarf doch einiger Übung, die Lehmbrocken gezielt quer über das ganze Feld zu schleudern.
Die Grenzen zwischen den Feldern wurden hier ganz nobel mit dem gleichen grünlichen Glimmerschiefer begrenzt, der auch zum Bau der Badezimmerwände in unserer Zeltunterkunft verwendet wurde. Das Material ist hier billig, verwitterungsbeständig, es spendet Schatten und nimmt nicht viel Platz weg. Bei einem Rundgang um das Feld konnten wir schön beobachten, wie das Wasser mit Hilfe von kleinen Erdwällen den einzelnen Parzellen zugeteilt wird. Je nach Bedarf werden mit einer Hacke Stauwehre aufgebaut oder geöffnet. Nach dem interessanten Feldbesuch fuhren wir weiter ins benachbarte Dorf.
Im Dorf angekommen stand ein Rundgang auf dem Programm und uns wurde von Nandi versichert, das wir alles fotografieren könnten. Trotzdem hatten wir immer noch eine gewisse Scheu, den Leute in ihren Alltagssituationen mit der Kamera auf die Pelle zu rücken. Selbst wenn sie bereitwillig mit besonders malerischen Beschäftigungen anfangen, sobald der lokale "Landlord" mit seinen Gästen kommt. Schließlich profitieren beide Seiten von dem Besuch. Die Gäste erleben ursprüngliches Dorfleben ohne Bettelei, Belästigung oder extra inszenierte Darstellungen. Die Leute zeigen ganz einfach ihre alltägliche Arbeit. Aber aus Respekt gegenüber dem Landbesitzer, der seinen Gästen etwas bieten will, nicht gegen Cash. Es lohnt sich eher indirekt, weil mit den Einnahmen des Hotels auch Gemüselieferanten, Handwerker und Schulprojekte im Dorf unterstützt werden. Eine Hand wäscht die andere.
Nandi und wir ließen Fernglas und Fotorucksack im offenen Jeep liegen, wohl wissend, das hier niemand wagen würde, etwas zu berühren. Der erste Gang führte zur Dorfschule, in der gerade der Unterricht begann. Die Schüler sassen im Hof zum Morgenappell und zum gemeinsamen Gebet. Einige Ältere hatten Reinigungsdienst und fegten die Klassenzimmer. Die Kleinen hatten nicht alle eine Schuluniform und ihre Klassenzimmer waren nicht mit Möbeln ausgestattet. Die Kinder sassen auf dem Boden und als wir das Klassenzimmer betraten, wollten uns alle stolz ihre Hefte zeigen. Ich habe dann schnell mit dem Fotografieren aufgehört als es Gedrängel und Gerangel gab, weil alle mit auf das Bild wollten.
Uns wurde noch die Küche gezeigt, in der mit einfachsten Mitteln für alle 290 Kinder jeden Tag eine warme Mahlzeit gekocht wird. Für die Mädchen ist die Schule umsonst, Jungen zahlen für die ersten 4 Schuljahre 60 Rupien im Jahr Schulgeld - auch für arme Landarbeiter ein eher symbolischer Preis. Ein sehr interessanter Besuch, um den Schulablauf nicht zu stören wanderten wir nach kurzer Zeit weiter im Dorf umher.
Direkt vor der Schule ist der Dorfbrunnen, hier treffen sich alle zum Gespräch. Nandi meinte scherzhaft, dort würde die wahre Politik gemacht, weil am Brunnen von den Frauen besprochen wird, was ihre Männer im Dorfrat beschließen sollen. Der Weg durch das Dorf führte vorbei an einigen Hirten, die gemütlich beisammen sassen. Einen Hof weiter saß ein Hirte im Ruhesand. Er zeigte uns, wie er Kamelhaar spinnt, um Teppiche daraus zu weben und wie er flink aus 9 Metern Tuch seinen Turban wickelt. Wir konnten uns auch die klassische Dachziegelkonstruktion seines Hauses aus der Nähe ansehen. An der weißen Farbe seines Turbans war erkennbar, das er ein Hirte im Ruhestand ist.
Weiter ging es zum lokalen Töpfer, den wir bei seiner Arbeit im Hof beobachten konnten. Dort entstand aus einem Klumpen Lehm auf einer schweren einfachen Drehscheibe ein Gefäß, in dem im Dorf das Wasser aufbewahrt wird. Gleichzeitig sind die runden Töpfe Klimageräte, denn durch den porös angemischten Ton tritt etwas Wasser aus und verdunstet. So werden Inhalt und Raum kühl gehalten. Die Behälter werden zweimal jährlich in einer großen Erdkuhle unter einem Reisigfeuer gebrannt, 1500 Stück auf einmal, das Feuer brennt die ganze Nacht. Zu Holi und Dewali, also zum Anfang von Sommer und Winter, werden sie in den Haushalten ausgetauscht, da die Klimatsierungsfunktion durch chemische Reaktionen im Ton nur ca. 6 Monate lang funktioniert.
Die Frau des Töpfers erhob sich extra für uns von ihrer täglichen Arbeit und bemalte zwei Gefäße in Windeseile, schnell und konzentriert arbeitend, denn eigentlich war sie in einer Ecke an einer uralten Nähmaschine mit Schneiderarbeiten beschäftigt. Der kleine Sohn, der später keine Wahl hat und ebenfalls Töpfer wird wie sein Vater, hatte wenig Interesse am Besuch der Fremden.
Weiter ging es zum lokalen Schreiner, der zwar nicht zu Hause war, aber in der Toreinfahrt einige Stücke seiner Arbeit ausgestellt hatte, darunter auch kleine Modelle von Haustüren oder Schränken. Unterwegs kamen wir am ältesten Hof des Ortes vorbei, dessen Besitzer inzwischen in der Stadt lebt. In Indien ist es auf dem Land nicht üblich, Häuser zu vermieten oder in fremde Häuser zu ziehen. Sie stehen dann einfach leer und verfallen. Weiter ging es zu einem der reichsten Männer im Ort: dem lokalen Silberschmied. Er ist gleichzeitig die Bank, denn die Armreifen aus Silber kauft er jederzeit zum Tagespreis wieder zurück, wenn die Besitzer Bargeld brauchen.
Die Kinder und Frauen in den Hauseingängen betrachteten uns freundlich-interessiert, manche winkten ausgelassen, andere zogen sich scheu ins Haus oder hinter Mutters Sari zurück. Der 3,5-stündige Gang durch das Dorf war sehr interessant und wir können nur empfehlen, die seltene Gelegenheit zu nutzen, um dies mit kompetenter Begleitung zu tun. Man erfährt eine Menge zum ländlichen Alltagsleben in Rajasthan und kann viele Fragen stellen. Leider kann ich auf einer Seite nur einen Bruchteil der Bilder zeigen, die dort entstanden sind.
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