| Weltreisen | Deutschland | Thüringen | Weimar | Site-Map | HOME |

| Die Ausstellung | Gedenkturm |

WASSERBURG KAPELLENDORF

Nach einem Besuch im Schlosspark von Schloss Belvedere, einer Fahrt über die alte Holzbrücke von Buchfart und einem Aufstieg auf den Paulinenturm bei Bad Berka folgte unser letztes Highlight des Tages: der Besuch im kleinen Ort Kapellendorf. Er liegt im Städtedreieck Weimar - Apolda - Jena.

Die Wasserburg Kapelledorf ist ein ziemlich unterbewertetes Reiseziel, was vielleicht daran liegen könnte, dass sie die nahen Attraktionen von Weltgeltung der Weimarer Klassik zur Konkurrenz hat. Da wir keine Lust hatten, bei schönem Sommerwetter stundenlang mit Maske in Warteschlangen vor Museen zu stehen und uns generell eher mehr für alte Burgen als für protzige Verwaltungsarchitektur interessieren, stand diese Burg schnell als Ziel fest.

Obwohl der Ort Kapellendorf bereits im 8. Jahrhundert besiedelt gewesen scheint, kann eine Burganlage erst im 12. Jahrhundert urkundlich nachgewiesen werden. Diese schöne Niederungsburg liegt in einer Talsenke des Sulzbachs mitten im Ort, in dem auch eine der ältesten bekannten Kirchen Thüringens steht. Eine erste Kirche hat an dieser Stelle bereits in der Zeit um 800 bestanden, sie prägte den Namen des Ortes: Kapellendorf.

Die Reste der alten Kirchberger Burg, die nach den Burggrafen von Kirchberg benannt wurde, sind heute noch sichtbar. Dazu gehören das Fundament des Bergfrieds, Teile des Palas, ein Wasserbrunnen und die innere Schutzmauer. Der Durchmesser dieser Anlage betrug damals nur enge 32 Meter. Im Zentrum der Burg wurde der untere Teil eines freistehenden, bis Ende des 18. Jahrhunderts wieder geschleiften, Bergfriedes mit einem Außendurchmesser von zehn Metern freigelegt. Auffällig ist die Verwendung von Buckelquadern, die sonst im thüringisch-sächsischen Raum relativ selten vorkommen.

Am 13. Juli 1348 musste Burggraf Hartmann von Kirchberg den Stammsitz Kapellendorf aus Finanznöten an einen Mittelsmann der Stadt Erfurt verkaufen. Mit der Übernahme durch die Stadt Erfurt erfolgte die Einrichtung eines Amtssitzes und die Burganlage wurde im 14. und 15. Jahrhundert stark erweitert. Hinzu kamen die Küche mit dem überdimensionalen Rauchfang, der erhalten geblieben ist. Hierzu gehören der fünfstöckige Wohnturm und die Kemenate. 1509 wurde die Burg wieder verkauft.

Der gesamte Komplex der Vorburg mit dem Verliesturm, den Flankierungstürmen, dem Torturm, mehreren Wohn- und Verwaltungsgebäuden und der Wassergraben kamen noch viel später hinzu. Das Wasser rundum ist bis zu 30 Meter breit und führt fast um die gesamte Burg. Somit beträgt der Durchmesser der Burganlage heute über 180 Meter. Der Eingang wurde verlegt und der Wassergraben mittels einer Steinbrücke überwunden.

Von 1866 bis 1879 brachte die Universität Jena ihre "Irrenanstalt" hier in der Burg unter, danach zog die Schule des Dorfes ein. 1933 vermittelte die Burggemeinde den Ankauf der Burg durch die Stadt Erfurt und trug wesentlich zur Sanierung dieser reizvollen Anlage bei. Ab 1943 waren die Unterlagen des Stadtarchivs Erfurt und Bestände der Wissenschaftlichen Allgemeinbibliothek Erfurt als Schutz vor den zunehmenden Luftangriffen in die Wasserburg ausgelagert.

Eigentümer der Burg ist seit dem Jahr 1998 die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, der Betreiber der Anlage ist die Stadt Erfurt, für die die Wasserburg eine Aussenstelle des Stadtmuseums ist.






Die Ausstellung

Wir fanden schnell einen kostenlosen Parkplatz direkt gegenüber vom Eingang und betraten den Burghof. Hier wurde gerade eine Bühne aufgebaut und Bänke standen mit viel Corona-Abstand überall herum. Im Sommer wird der Innenbereich der Burg für Veranstaltungen aus dem Musik- und Theaterbereich sowie für Märkte genutzt. Die Toiletten hier sind frisch renoviert.

Die Burg beherbergt seit 1950 ein Burgmuseum, hier ist am Montag Ruhetag und Führungen fanden zu Corona Zeiten gerade nicht statt - sie müssen auch vorab gebucht werden. Nachdem wir 4 Euro Eintritt pro Person bezahlt hatten, wurde uns vom netten Mitarbeiter die Kemenate aufgeschlossen. Zusammen mit einem anderen Paar konnten wir uns dann ganz in Ruhe die Sonderausstellung "Lebensraum Burg" ansehen, die über die Geschichte der Wasserburg mit Schwerpunkt auf dem Schlachtenkomplex von Jena-Auerstedt informiert.

Denn im Oktober 1806 richtete der Fürst zu Hohenlohe-Ingelfingen in der Burg Kapellendorf sein Hauptquartier als Oberbefehlshaber eines Teiles der preußischen Armee in der Schlacht bei Jena und Auerstedt gegen die Truppen Napoleons ein. Es gibt ind der Ausstellung einige schön gestaltete Dioramen zum Thema. Die Brücke über die Ilm in Weimar haben wir jedenfalls wiedererkannt. Mehr zur Schlacht hier.

Im Eingangsbereich läuft in Dauerschleife ein längerer Film auf einem großen Flachbildschirm, er einer Gruppe Laiendarsteller zeigt eine zeitweilig auch kommentierte Interpretation des Lebens und Arbeitens in der Burg wie im Mittelalter. Davon haben wir uns aber nur einige Abschnitte angesehen.

In den Muesumsräumen werden hier auch einige Fundstücke aus archäologischen Grabungen im Umfeld der Burg gezeigt, von einer alten römischer Münze bis zur kompletten Ritterrüstung, die links im Bild zu sehen ist. Die unvermeidlichen Keramikfunde, Tonscherbe und Waffen sind hier natürlich auch zu besichtigen. Viele der ausgestellten Exponate sind Leihgaben aus Museen in Jena und Erfurt. Die Themen sind modern gestaltet, mit vielen Infotafeln und es gibt auch Mitmachstationen für Kinder. Die wechselhafte Geschichte der Burg wird mit vielen Urkunden und Zeichnungen dokumentiert.

Oben angekommen hat man die Möglichkeit, über eine Holztür den Wehrgang zu betreten und einen leicht schwindelerregenden aber ebenso tollen Ausblick auf die Burg, den Innenhof und das Umland zu genießen.





Gedenktum

Nach dem Besuch der Burg liefen wir noch einmal kurz um das Gebäude herum, aber die Wassergräben waren durch dichten Baumbewuchs kaum zu erkennen, voller Wasserlinsen und auch schwer zu fotografieren.

Daher beschlossen wir noch zum Gedenkturm auf dem Plateau des Sperlingsberg bei Kapellendorf zu fahren, der nicht ausgeschildert ist - aber Google Maps kennt den Weg. Im Zentrum von Kapellendorf folgt man der Apoldaer Straße in Richtung Apolda und biegt dann rechts in die Straße "Am Sperlingsberg" ab. Unterhalb des Denkmals befinden sich schöne Streuobstwiesen, hier konnten wir Vögel und Insekten beobachten.

Der Turm wurde nach einem Entwurf des Architekten Max Ehrhardt aus Apolda im Jahr 1906 errichtet und er erinnert an die letzte Schlacht zwischen Preußen und Franzosen, die 100 Jahre zuvor hier stattfand und den Abschluss der Doppelschlacht Jena-Auerstedt bildet. Eine Gedenktafel am Turm erinnert an den gescheiterten Angriff des preußischen Generals Ernst von Rüchel in der Schlacht bei Jena am 14. Oktober 1806.

Das Auto parkt man direkt auf der Wiese davor oder an der Zufahrtstrasse, wenn die Wiese gesperrt sein sollte, und dann steigt man auf den Hügel und die Stufen hoch auf den Turm. Der ist ständig geöffnet und über eine Metalltreppe erreicht man die Aussichtsplattform. Wir waren hier ganz alleine, erst als wir abfahren wollten kam noch ein zweites Auto an.

Ursprünglich wurde dieses Denkmal einmal als Bismarckturm geplant, so wie es damals in Mode war. Das war jedoch zu teuer, da die privaten Spenden der Kapellendorfer Bevölkerung ausreichen mussten. So entstand dieser begehbarere Turm mit einer Höhe von 12 m und einen Grundriss von 5,5*5,5 m und Aussichtsplattform etwas abseits der Straße in Richtung Großromstedt.

Oben angekommen hat man dann einen schönen Blick in das Weimarer Land. Vor allem nach Westen in Richtung Ettersberg, über die Ilmniederung und zur Saaleplatte, auch die Wasserburg unten im Ort kann man von hier aus noch mal aus einem ganz anderen Blickwinkel sehen.

Da die Wasserburg im Tal liegt kann man gerade noch den Torturm sehen und so gut erkennen, wie ungewöhnlich diese Niederungsburg für Thüringen ist. Denn die meisten anderen Burgen liegen auf einem Berg, Kapellendorf ist also etwas ganz Besonderes.





Google Map zum Thema

Kapellendorf

| Weltreisen | Deutschland | Thüringen | Weimar | Site-Map | HOME |

| Datenschutz | Impressum |