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| Ein hartes Leben |
Eine Reise in die die rund vierzig Dörfer Swanetiens mit ihren markanten Wehrtürmen ist auf den ersten Blick ist wie eine Reise in die Vergangenheit. Viele Bewohner sind hier noch in einem traditionellen Matschubi aufgewachsen, einem traditionellen Steinhaus, in dem Mensch und Vieh gemeinsam leben. Historisch war Oberswanetien aufgeteilt in 13 verschiedene Dorfgemeinschaften: Pari, Etseri, Tskhumari, Becho, Latali, Lenjeri, Mestia, Mulakh-Muzhali, Ipari, Kala und Ushguli. Unterswanetien bestand aus 3 Gemeinschaften: Lexuri (Lentekhi), Choluri und Lashkheti.
Nirgendwo sonst in Georgien gibt es noch so viele Wehrtürme wie in Oberswanetien, es sollen an die 200 sein, von denen bereits 80 zerstört wurden. Einige sind sehr gut erhalten, andere schon ziemlich verfallen. Diese Bergfriede, zumeist zwischen dem 9. und dem 13. Jahrhundert gebaut, sind das sichtbarste Zeichen einer lebenden Kultur, die auf wundersame Weise die Zeiten überdauert hat. Sie dienten den Familien Jahrhunderte lang zum Schutz vor Lawinen und Angriffen. Je höher der Turm, umso reicher war die Familie. In der Toskana findet sich das Gegenbeispiel dazu: Die Geschlechtertürme in San Gimignano.
Diese Türme haben vier oder fünf Stockwerke und sind etwa 20-30 Meter hoch. Die unteren Teile sind etwa 5-6 Meter hoch. Im Keller unter dem ersten Stock gibt es Tonkrüge für Trinkwasser und Wein oder Schnaps. Das oberste Stockwerk, das von einem einfachn Giebeldach bedeckt wird, ist von vertikalen Zinnen mit Öffnungen für Köcher und Schießscharten umgeben. Einige Türme stehen als Wachtürme an Straßen und Hügeln von strategischer Bedeutung.
Dank der Türme sowie der Abgeschiedenheit wurde das stolze Swanetien nie von anderen Völkern eingenommen. Auch nicht von den Mongolen, die über große Teile von Georgien herfielen. Häufig gingen die Angriffe jedoch nicht von äußeren Feinden, sondern von Dorf-internen Fehden aus.
Es galt lange Zeit die Blutrache. Wessen Sippe bedroht war, der verschanzte sich im eigenen Wehrturm und zog vor dem Eingang im ersten Stock die Holztreppe hoch.
Obwohl Swanetien offiziell zu Georgien gehört haben die Swanen eine eigene lokale Gerichtsbarkeit. In Streitfällen schlichtet ein Ältestenrat. Kapitalverbrechen wie Mord oder Totschlag bedeuten auch heute noch Fehde.
Zwei Drittel der Dorfgemeinden in Swanetien liegen in der Höhe über 1.500 Meter, einige sogar höher. Ushguli ist die höchstliegende dauerhaft bewohnte Menschensiedlung der Region. Es gibt auch keine Kirche, die höher gelegen wäre als die knapp 2.500 Meter hoch liegende Limcheri-Kirche über dem Dorf Latali. Das Dorf Lachiri hat alleine 16 Wehrtürme
Die Menschen wohnen hier oben in den Bergen die meist Zeit des Jahres in totaler Abgeschiedenheit, weit ab vom Weltgeschehen und der Schnelligkeit der Moderne. Jahrhunderte alte Dörfer schmiegen sich an sehr steile Bergwände, mit kaum befestigten Straßen und vielerorts immer noch nur schwer mit modernen Verkehrsmitteln zu erreichen. Swanetien ist ein lebendes Volkskundemuseum. Auf dem Weg nach Ushguli liegen im Tal hinter Mestia am Hang gegenüber hübsche Dörfer namens Murshkeli, Artskheli, Zhamushi, Majvdieri oder Chvabiani. Wanderer nach Ushguli machen Station in den Bergdörfern Zhabeshi, Adishi und Iprali. Die meisten bieten Unterkünfte in Familien.
Unbehelligt von technischen Erungenschaften gehen hier Bauern und Hirten wie vor hundert Jahren noch ihrer Arbeit nach, ihre Tiere laufen frei herum und das Heu wird im Herbst an den steilen Berghängen noch von Hand mit der Sense geschnitten. Es wird benötigt, um die bitteren Winter zu überleben. Mit einfachen Geräten ringen die Menschen hier ihren kargen Böden das Nötigste zum Leben ab. In den Dörfern sieht man auch noch die typischen Holzschlitten, mit denen bis heute Lasten transportiert werden. Auf so einen Schlitten passt genausoviel Heu wie man auch auf einen Pickup türmen kann, und jede Kuh braucht für den Winter etwa 10 Ladungen.
In den letzten Jahren der Sowjetherrschaft und vor allem nach ihrem Zusammenbruch wanderten Tausende Swanen ins georgische Tiefland ab, auf der Flucht vor Armut, Krieg, Naturkatastrophen und Kriminellen. Ohne Not würden die Swanen niemals ihre Heimat verlassen, denn sie sind in ihrem Ahnenkult eng mit den Verstorbenen verknüpft und brauchen ihre Traditionen und den Zusammenhalt der Gemeinschaft.
Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis diese Einsamkeit vom Geheimtipp unter Aussteigern und Bergfreunden zum beliebten Reiseziel für alle wurde. Vor allem junge Menschen, die noch fit genug sind um die steilen Hänge zu erklimmen, zieht das preiswerte Reiseland an. Dadurch hatten Familien, die eigentlich ihren Besitz verlassen müßten, wieder eine Perspektive. Fremde, die Unterkunft suchen und Essen wollen bringen Geld in die Region. Und die Wehrtürme spielen dabei eine wichtige Rolle, man bekommt Geld fürs Besteigen oder baut sie gleich als Gästezimmer um.
Wir waren gerade noch rechtzeitig dort, in den nächsten Jahren wird sich hier sicher noch sehr viel verändern. Plastikstühle und Werbung verschandeln schon jetzt manches Dorfbild. Wie lange werden die alten Traditionen in Swanetien noch bestehen?
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In Adishi
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