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KIRNITZTAL UND STOLPEN

An diesem Tag stand nur eine kurze Fahrt von unserer Ferienwohnung in Königstein zum Berghotel auf der Bastei auf dem Programm.

So mit viel freier Zeit ausgestattet wollten wir eigentlich einige der Highlights im Nationalpark Sächsische Schweiz besuchen: der Kuhstall und die Himmelsleiter. Doch der Wettergott machte uns leider einen dicken Strich durch die Rechnung.

Denn ausgerechnet an diesem Tag, am 21. Oktober, machte uns der erste ausgewachsene Herbststurm des Jahres namens "Ignatz" mit Temperatursturz die Tagesplanung zunichte, er verpasste dem goldenen Oktober einen ordentlichen Dämpfer. Zwei Tage lang zogen schwere Sturmböen über das Land, das Potential von Starkwindereignissen in Form von orkanartigen Winden wurden an den folgenden zwei Tagen als sehr hoch eingestuft.

Auf den exponierten Gipfeln waren auch in Sachsen laut Deutschem Wetterdienst Orkanböen von bis zu 120 Kilometern pro Stunde möglich. Aufgrund vieler abgestorbener Fichten besteht schon zu normalen Zeiten extreme Baumsturzgefahr, besonders im südlichen Teil des Nationalparks.

So fuhren wir am Morgen erst einmal in das Kirnitztal. Hier wollten wir sowieso früh ankommen, um auf dem Prakplatz am Lichtenhainer Wasserfall noch einen freien Platz zu ergattern.

So überquerten wir zuerst die Elbe und fuhren über Bad Schandau in Kirnitztal. In normalen Zeiten sollte man die Strecke besser mit der elektrisch betriebenen Kirnitztalbahn zurücklegen, denn die Parkplätze vor Ort sind schnell belegt.

Schon seit 1898 befördert die Kirnitzschtalbahn Wanderer und Touristen zu den touristischen Zielen. Von allen Stationen führen Wanderwege zu herrlichen Aussichten wie den Winterbergen, den Schrammsteinen, den Affensteinen oder dem Kuhstall. Auf etwa 8 Kilometern begleitet die meterspurige Bahn das Flüsschen Kirnitzsch auf seinem Lauf durch die bizarre Felsenwelt des Elbsandsteingebirges von Bad Schandau bis zum Lichtenhainer Wasserfall. Der ist allerdings nicht natürlich und war gerade aufgrund von Beschädigungen durch die Überflutung im Sommer 2021 stillgelegt.

Daher fanden wir hier auch auf Anhieb einen Parkplatz, aber gegen Mittag frischte gerade der Sturm heftig gerade auf. Die Bäume schwankten bedrohlich und im Radio wurde immer wieder vor Spaziergängen im Wald gewarnt. Orkanartige Windböen von knapp über 100 Kilometer pro Stunde rissen Äste von den noch belaubten Bäumen und brachten nicht wenige der durch den Borkenkäferbefall abgestorbenen Fichten hier im Elbsandsteingebirge zu Fall. Sachsenforst hatte direkt nach dem Sturm ein zeitlich beschränktes Betretungsverbot für den Landeswald ausgesprochen. Ende Oktober - nach unserem Urlaub - konnte das dann wieder aufgehoben werden, da zumindest die Rettungswege wieder durchgängig zugänglich gemacht wurden.

So wanderten wir hier nicht einen Schritt, fotografierten nur die gerade angekommene Bahn und fuhren weiter durch das Tal. Zahlreiche Gasthöfe, Pensionen und Hotels am Wegrand laden hier zu Rast und Quartier ein. Im oberen Teil des Kirnitzschtals, nahe Hinterhermsdorf, findet man eine der romantischsten Schluchten des Elbsandsteingebirges, die Kirnitzschklamm mit der Oberen Schleuse. Hier kann man eine Kahnfahrt buchen, doch bei Sturm war alles geschlossen.

So bogen wir vorher ab und entschieden uns spontan für einen Besuch der Burg Stolpen.






Rundgang

Den Parkplatz unterhalb der Burg erreichten wir nach ca. 40 Minuten Fahrt ab Lichtenhainer Wasserfall. Mittlerweile hattte der Stum stark zugenommen und schon zahlreiche Äste von den Bäumen geschüttelt. Die Eisenbahn stellte ihren Regionalverkehr am Mittag komplett ein, in Dresden standen die Straßenbahnen still. Ausflugsziele, wie die Festung Königstein, schlossen aus Sicherheitsgründen ihre Tore.

Die Kleinstadt Stolpen liegt an der Wesenitz, hier hätten wir gerne mehr Zeit gehabt um auch den Ort zu besichtigen.

So liefen wir zuerst von unserem Parkplatz in der Geschwister-Scholl-Straße von Süden über die Parkpromenade hoch auf die Burgruine Stolpen, dem touristischen Hauptziel der Stadt. Direkt neben dem Haupteingang liegt das Burghotel Stolpen.

Die Burg fand erstmals im 11. Jahrhundert Erwähnung. Im 16. Jahrhundert war Stolpen Bischofsresidenz. Hier wurden nach der Reformation die Reliquien und Schätze verwahrt. 1675 wurde sie zur Festung ausgebaut, aber bereits zu Beginn des Siebenjährigen Krieges von der preußischen Armee geschleift und unbrauchbar gemacht. Danach verfiel sie und wurde im 19. Jahrhundert für den Tourismus wiederentdeckt. Wir hatten hier mit der Schlösserlandkarte Sachsen freien Eintritt.

Als wir im Burghof ankamen, wehte der Wind mächtig und es war schwer, einen Fuß vor den anderen zu setzen und sich gegen die Böen zu stemmen. Da war man froh, wenn man in einigen Gbäuden die Ausstellung besichtigen konnte. Zuerst besuchten wir die Folterkammer der Burg Stolpen. Ein authentischer Ort, der bis zum Ende der Folter in Sachsen im Jahr 1770 unterhalten wurde. In einer Großvitrine werden Folterinstrumente präsentiert, daneben stehen alte Feuerwehr-Wagen.

Die Burganlage steht auf einem Basaltberg und besitzt einen Tiefbrunnen mit 84,39 Meter. Man benötigte ca. 20 Jahre für den Bau dieses Brunnens und es ist weltweit der tiefste in Basalt getriebene Brunnen. Der Stolpener Basalt ist ein geologisches Naturdenkmal von herausragender Bedeutung, das säulenförmige Vulkangestein entstand vor zirka 25 Millionen Jahren. Gregorius Agricola verwendete 1546 erstmals hier den Begriff Basalt, danach ging der Name "Basalt" um die Welt. Im Jahr 2006 erhielt er von der Akademie der Geowissenschaften Hannover eine Anerkennung als Nationaler Geotop. Neueste Untersuchungen haben nun in den letzten Jahren paradoxerweise ergeben, dass das hiesige Gestein zwar wissenschaftshistorisch den Gesteinstyp Basalt geprägt hat, aber selbst nur etwas sehr ähnliches ist.

Als wir die Austellungen in den Kellerräumen besuchen wollten, fiel wegen Sturm auf dem ganzen Gelände der Strom aus.







Coselturm

Bekannt geblieben ist diese Burg aber eher als Gefängnis einer faszinierenden Frau: Gräfin Cosel. Hier lebte die in Ungnade gefallene Mätresse Augusts des Starken bis zu ihrem Tod. Sie war unbezweifelt eine der schönsten und geistreichsten Frauen ihrer Zeit, hochgebildet und besonders in der französischen Literatur sehr bewandert - ihr fast einziger Genuss während ihrer Gefangenschaft im runden Turm der Burg. Er trägt den Namen Coselturm. Darin befindet sich die Daueraustellung zum 250. Todestag "Lebenslänglich Stolpen. Der Mythos Cosel".

August der Starke hatte 1693 in Bayreuth mit Christiane Eberhardine, der Prinzessin von Brandenburg-Bayreuth, die Ehe geschlossen. Die Fürstin aber widerstand dem Großmachtsanspruch des Gatten, trat nicht zum Katholizismus über und wurde nie Königin von Polen. August stand als Mann in voller Kraft und als absolutistischer Herrscher hielt er seine Gespielinnen nicht im Geheimen, er zeigte sie vor. Man sagte ihm 354 Kinder nach, was aber wohl übertrieben ist, denn er hatte kein Problem damit, 8 fremde Kinder als die eigenen anzuerkennen.

Die Gespielinnen fielen meist nicht in Ungnade, wenn die Lust des Herrschers verschwand. Aber Gräfin Cosel überschätzte ihren Einfluss. Sie erhob Anspruch, ihre drei Kinder in die Thronfolge einzubeziehen und vertrat eigene Ansichten in der Politik. Die lebenslustige, schöne und kluge Frau hatte sich in die politischen Geschäfte eingemischt und sich so Feinde am Dresdner Hof gemacht. Deren Intrigenspiel zeigte Wirkung, die Gräfin saß am Dresdner Hof fest und bewohnte zunächst den Coselturm im Pillnitzer Schlosspark.

Von dort floh sie nach Preußen, wurde aber vom dortigen König wieder ausgeliefert. Am 24. Dezember 1716 erreichte sie den letzten Ort ihrer Verbannung: Burg Stolpen.

Zuerst wurde für sie im Burghof das Zeughaus ausgebaut, aber das brannte nieder. Daraufhin bezog sie den Turm und wohnte dort 49 Jahre lang. Sie hat ihr Gefängnis als streng bewachte Gefangene nie wieder verlassen und starb hochbetagt mit fast 85 Jahren. In der Burgkapelle befindet sich ihr Grab.

Nach der Besichtigung hatten wir keine Lust mehr, weiter im Sturm herum zu laufen und fuhren zum Berghotel an der Bastei. Sturmböen hatten im ganzen Land Bäume und Stromleitungen umgerissen, Polizei und Feuerwehr waren im Dauereinsatz. Erst am späten Nachmittag flaute der Wind wieder ab und wir konnten im Abendlicht noch die Bastei erkunden..





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Stolpen

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