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| In Ruinen |
Auf dem Weg von Heidelberg über Baden-Baden über die Schwarzwaldhochstrasse ins Nationalpark-Hotel Schliffkopf wurde das Wetter immer schlechter. Eigentlich waren wir viel zu früh am Ziel, aber am nahen Mummelsee war am frühen Nachmittag trotz Regen noch zu viel los. Da die Hornisgrinde darüber auch voller Wolken hing, lohnte sich ein Aufstieg nicht.
So entschieden wir uns spontan, am Nachmittag noch den kleinen Ort Allerheiligen zu besuchen. Der Besuch war eigentlich am nächsten Tag geplant, aber wir hatten Glück mit dieser Entscheidung. Die enge und kurvenreiche Straße war noch nass und der Wald rundum hing voller Wolken. Am Parkplatz "Wasserfälle Allerheiligen - Oberer Eingang" angekommen, fing es noch einmal an zu regnen, daher nahmen wir einen Schirm mit.
Kaum an den Klosterruinen nach wenigen hundert Metern angekommen hörte es dann auf. Während der Besichtigung kam dann sogar noch ein bisschen die Sonne raus.
Das Kloster Allerheiligen ist die Ruine eines ehemaligen Prämonstratenser-Chorherrenstiftes. Gestiftet wurde das Kloster um 1196 durch Uta von Schauenburg. Es befindet sich im Lierbachtal, einem Seitental des Renchtals, mit steilen Bergen und viel Wald rundum. Damals war das ein sehr abgelegener und nur schwer erreichbarer Platz oberhalb der Büttensteiner Wasserfälle, in einer Mulde zwischen Schliffkopf und Eselskopf auf 620 Metern über dem Meeresspiegel.
Das Stift bestand bis zu seiner Säkularisation im Jahr 1803 über sechs Jahrhunderte lang und hatte in dieser Zeit religiösen und kulturellen Einfluss auf die Gebiete des mittleren Schwarzwalds, insbesondere auf das Rench- und das Achertal.
Nur knapp überstand Allerheiligen die Reformationszeit, in der die meisten benachbarten klösterlichen Gemeinschaften wie Alpirsbach, Reichenbach oder Kniebis untergingen. Im Rahmen der Bauernkriege kam es zu Zerstörungen, aber trotz großer Verwüstungen im Renchtal vor allem durch schwedische und weimarsche Truppen überstand das Stift den Dreißigjährigen Krieg unbeschadet. Nach den Reformationswirren erlebte das Stift seine wirtschaftlich größte Blüte, geriet jedoch gleichzeitig in tiefgreifende Streitigkeiten mit dem Bistum Straßburg.
Obwohl das Stift 1657 vom Generalkapitel des Prämonstratenserordens zur Abtei erhoben wurde, blieb es auf den regionalen Wirkungskreis beschränkt und trotz seines langen Bestehens lag es in seiner Bedeutung immer hinter anderen süddeutschen Klostergemeinschaften zurück.
Nachdem Baden im Rahmen der Säkularisation Gebiete des Hochstifts Straßburgs besetzt hatte, hob Karl Friedrich von Baden das Stift am 29. November 1802 auf und zog den gesamten Stiftsbesitz ein. Die 29 Mitglieder des Konvents mussten die Abtei bis zum Herbst 1803 verlassen. Zur Sicherung der seelsorgerischen Arbeit wurden vom badischen Staat zwei Kapuziner aus Oberkirch in das Abteigelände entsandt.
Im Jahr 1804 beschädigte ein Brand durch Blitzschlag in den Turm der Klosterkirche die Gebäude. Es ist der Todestag von Norbert von Xanten, dem Gründer des Prämonstratenser-Ordens. Das Kirchendach und der obere Stock des Klausurgebäudes brannten aus. Zwar ließ der badische Staat das Kirchengebäude noch im gleichen Jahr wieder herrichten, die gleichzeitig erteilte Erlaubnis an die Fabrikanten Brenneisen und Förster, auf dem Gelände eine Wollspinnerei einzurichten, verhinderte jedoch eine weitere Sicherung des Bauzustands. Die Wollspinnerei wurde dann 1806 wieder aufgegeben.
Danach zerfielen die Gebäude, 1812 wurden auch die beiden Kapuziner abberufen. Als entschieden wurde in Allerheiligen keine Pfarrei mehr einzurichten, wurden die Gebäude zum Abbruch versteigert und als Steinbruch für die neuee Kirche benutzt. Bis auf den Westflügel, der als Forsthaus verwendet wurde, und einen Nutzbau wurde die Anlage aufgegeben. 1820 stürzte dann die Klosterkirche ein.
Erste Beschreibungen zum Kloster als touristischer Sehenswürdigkeit erschienen bereits in den 1820er Jahren. Im Forsthaus wurde 1844 eine Gaststätte eingerichtet, nachdem ab 1840 die Büttensteiner Wasserfälle touristisch erschlossen wurden und auch die Ruine der Abtei im Zuge der Romantik Reisende anzog.
Im Jahr 1853 besuchte Karl Baedeker die Reste der Abtei und beschrieb sie in seinem Reiseführer, das steigerte die Besucherzahl weiter. Viele berühmte Persönlichkeiten kamen jetzt nach Allerheiligen, darunter die russische Zarenfamilie und der amerikanische Schriftsteller Mark Twain.
1871 wurde die Gaststätte zu einem dreistöckigen Kurhotel erweitert, 1887 entstand ein zweites Hotelgebäude. 1947 erwarb der Caritasverband Mainz das Hotelareal und errichtete hier ein Kurheim für Kinder, seit 1978 wird dieses als Landschulheim und religiöse Tagungsstätte weitergeführt. Seit Sommer 2013 engagiert sich die gemeinnützige Organisation EOS-Erlebnispädagogik in Allerheiligen.
Der erste Blick auf die roten Sandsteinmauern gefiel uns gut. Man kann hier ohne Eintritt herumwandern. Die ältesten noch erhaltenen Bauteile der Ruine, die aus lokalem Buntsandstein erbaut wurde, werden auf Anfang bis Mitte des 13. Jahrhunderts datiert. Am kreuzförmigen Kirchenbau sind noch Stilmerkmale aus allen Bauphasen des Kirchengebäudes von Spätromanik bis zur Spätgotik erkennbar. Der Westteil bestand aus einem dreischiffigen spätgotischen Langhaus mit spätromanischer Fassade im Eingangsbereich.
Am Chor der Ruine erkennt man frühgotische Stilelemente in den Kapitellen und den Gewölberippen, die auf einen Zeitraum von circa 1220 bis 1250 datiert wurden und damit zu den ältesten bekannten gotischen Bauformen am Oberrhein zählen.
An der Südseite der Kirche schlossen die Klausurgebäude und der Kreuzgang an. Während unseres Aufenthalts hörte der Regen auf und es kam sogar die Sonne heraus, da habe ich alle bisher dunklen Fotos noch einmal gemacht.
Von den Mönchen wurde trotz der Höhe und des rauhen Klimas oberhalb der Wasserfälle ein repräsentativer Garten mit Teichen angelegt, der schon auf Bildern des 18. Jahrhunderts deutlich zu erkennen ist. Die Reste kann man heute noch bewundern.
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