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Eine knappe Stunde fuhren wir von Ribeauvillé ca. 60 Kilometer in Richtung Mülhausen, wobei wir die Mautpflichtigen Autobahnen vermieden haben. Zum zweiten Mal in die gleiche Richtung, denn vorab waren wir schon in Ungersheim im Écomusée d’Alsace. Da man dort zum Besichtigen einen ganzen Tag braucht, hatten wir keine Zeit für weitere Museen.
An einem leicht verregneten Vormittag beschlossen wir dann, doch ins Musée National de l'Automobile – Collection Schlumpf zu fahren. Auf deutsch ist es das Nationale Automobilmuseum - Sammlung Schlumpf. Auf einer Ausstellungsfläche von 25.000 m², davon 17.000 m² in einer einzigen riesigen Halle, ist es das größte Automobilmuseum der Welt und das wollten wir uns nicht entgehen lassen.
Der Parkplatz ist gut ausgeschildert und die Leute strömten von hier aus zum Eingang. Der ist durchaus beeindruckend, eine Fußgängerbrücke führt über einen Kanal ins Foyer mit Museumsshop. Man geht durch eine imposante Tür durch eine Fassade aus Holz, Glas und Stahl, die von etlichen symbolisch dargestellten schwebenden Sportwagen aufgelockert wird. Direkt danach folgt eine Videowand. Der Eintritt kostet 18 Euro pro Person und für einen Besuch sollte man mindestens 2 Stunden rechnen.
Es gibt hier drei wesentliche Bereiche, eine große Halle, in die man direkt hineinkommt mit einer zeitlich geordneten riesigen Sammlung, sowie rechts und links angrenzen zwei kleine Hallen mit extra Ausstellungen von Rennwagen und Traumwagen. Es werden viele außergewöhnliche Automodelle gezeigt, mit glänzendem Chrom und viel Geschichte.
Um einen Teil der Bilder zeigen zu können, die ich dort gemacht habe, gibt es noch eine zweite Seite mit den Traumwagen der Collection Schlumpf.
Der Kern des Bestandes sind über 500 Oldtimer von verschiedenen Automobilherstellern, überwiegend aus der Frühphase der Automobilzeit bis in die 1930er Jahre, die von den Gebrüdern Fritz und Hans Schlumpf gesammelt wurden. 150 Automobile stehen in teilweise desolatem Zustand in Räumlichkeiten außerhalb des Museums und warten auf Restaurierung.
Aber nicht nur die Autos, auch die Halle ist alleine schon einen Besuch wert. Im Zuge der Abrissarbeiten der alten Pariser Markthallen im Quartier des Halles ab dem Jahr 1970 erwarben die Brüder Schlumpf einen Großteil der Säulen mit anhängenden Leuchten. Diese hatten einst die Dachkonstruktion getragen, auch hier wurden sie dazu verwendet, das Balkenwerk des Daches der großflächigen Halle zu stützen. Darunter wurden 900 Straßenlampen, die denen der Alexandre-III-Brücke in Paris nachempfunden sind, für die Ausstattung verwendet. Die fügen sich harmonisch in den Bau ein und tragen maßgeblich zur beonderen Stimmung in diesem Museum bei. Wenn man die Halle betritt, tritt sofort ein "Wow-Effekt" ein.
Ein Schwerpunkt der Ausstellung sind 87 Fahrzeuge der Marke Bugatti. Darunter befinden sich zwei von insgesamt sechs noch existierenden Bugatti Royale (Typ 41) sowie die Rekonstruktion eines weiteren Exemplars. Ein Bugatti dieses Typs hat 1991 bei einer Auktion den Kaufpreis von rund acht Millionen US-Dollar erzielt. Im Depot des Museums befinden sich auch ein Mercedes-Benz "Silberpfeil" Typ W 154 II von 1939, für den sogar 30 Mio. EUR geboten wurden, sowie die Nr. 2 von 2 des Bugatti Typ 251. Alle Fahrzeuge gehören jedoch zum französischen Kulturgut und sind unverkäuflich.
Aber nicht nur große, starke und teure Autos gibt es hier. Es findet sich auch der Vorläufer des Smart: ein auf 2 Sitze gekürzter R4. Ein Ur-Exemplar des VW-Käfer gibt es ebenfalls, den Ferdinand Porsche bei Mercedes gebaut hat. Eine Sonderausstellung "L'exposition Louis de Funès" zeigte bei unserem Besuch Autos aus den berühmten Filmen.
Ein Besuch dieses Museums ermöglicht es, die Geschichte der Gebrüder Schlumpf zu verstehen und warum das Museum heute so existiert. Fritz Schlumpf verdiente sein Geld als Makler für Wolle und 1929 stieg sein zwei Jahre älterer Bruder Hans ebenfalls ins Textil-Geschäft ein. 1935 gründeten sie eine Aktiengesellschaft, die mit Wolle handelte und nach Kriegsende kauften die Brüder mehrere Fabriken und Spinnereien im Elsass auf, bis sie die Textilindustrie im Osten Frankreichs fast völlig dominierten. Die Brüder Fritz und Hans Schlumpf übernahmen im Jahr 1957 auch die Textilfabrik Heilmann, Koechlin & Desaulles, eine Wollspinnerei in Mülhausen.
Das Geschichte des Sammelns von Autos begann mit dem Kauf des ersten Bugatti Type 55 von 1932, eines echten Rennwagens, im Jahr 1950. Im nächsten Jahr nahm Fritz Schlumpf am Steuer damit am Bergrennen von Goldbach teil.
Ab 1960 wurde er dann ein leidenschaftlicherer Automobilsammler. Er kaufte zwischen 1961 und 1963 heimlich eine große Anzahl klassischer Automobile, wobei er Strohmänner einsetzte, die in Frankreich und benachbarten Ländern sowie in den Vereinigten Staaten als Käufer auftraten und komplette Oldtimer-Kollektionen aufzukaufen hatten. Dnach verschwanden alle in einer grossen Halle, die nur wenigen Leuten zugänglich war.
Erst 1965 machten die Schlumpf-Brüder ihre Sammlung durch einen kleinen Pressebericht bekannt und die Idee eines Museums entstand. Doch offiziell eröffnet wurde es von Fritz Schlumpf nie.
Im Laufe der Jahre verfielen die beiden Exzentriker immer mehr in einen Sammelrausch. Fritz hatte ab Ende der 1960er besonders viel Zeit: Seine Frau Paula erschoss in Paris ihren Liebhaber und kam für acht Jahre hinter Gitter. Die Sammlung wuchs bis 1976 weiter an, sie umfasste bereits über hundert Bugatti und zahlreiche Fahrzeuge weiterer Marken.
Unter größter Geheimhaltung hatten die Brüder ein leeres Großlager in eine 17.000 Quadratmeter große private Ausstellungshalle umbauen lassen, dort standen die meisten der prächtig restaurierten, teils millionenteuren Preziosen. Aber die Freude über die schönen Autos hielt nur wenige Jahre an, man hatte wenig Gelegenheit, die einzigartige Autosammlung zu genießen.
Durch die kostspielige Leidenschaft wurde das Betriebsvermögen der Wollspinnerei übermäßig in Anspruch genommen, zusätzlich geriet zu dieser Zeit auch die Textilindustrie in eine Krise. Der Maschinenpark veraltete, die Schlumpf-Spinner wurden allmählich von der Konkurrenz überrundet und die Arbeiter mussten sich mit kargeren Löhnen als ihre Kollegen bei anderen Firmen bescheiden.
Am 28. Juni 1976 streikten sie, die Ereignisse gingen als "Schlumpf-Revolution" in die elsässischen Geschichtsbücher ein. Als die Zahlungsunfähigkeit dann bekannt wurde, versuchten Fritz und Hans Schlumpf ihr Unternehmen zum symbolischen Preis von 1 Franc zu verkaufen, es fanden sich aber keine Käufer.
Daraufhin flohen die Brüder nach Basel, hinterließen Millionen an Schulden, und ihre 2.000 Beschäftigten wurden in die Arbeitslosigkeit entlassen. Die ehemals reichen Textilfabrikanten hatten ihr Unternehmen durch ihre Sammelleidenschaft in den Ruin getrieben und wurden vor französischen Gerichten verklagt.
Die entlassenen Arbeiter entdeckten eher durch Zufall die Existenz der geheimen Privatsammlung. Nun erst durften Reporter, als erstes ein Dreierteam der Autozeitung aus Köln, die bis dahin verschlossene Gruft der Bugatti-Hinterlassenschaft in Augenschein nehmen. Die Kölner Redakteure fotografierten als einzige Stück für Stück alle Automobile der Sammlung der Gebrüder Schlumpf. Die Gewerkschaften besetzte die Halle 1977 und öffnete zwei Jahre lang ein "Arbeitermuseum".
Die Sammlung wurde dann im Jahr 1978 vom Staatsrat als historisches Monument eingestuft, wodurch es allen Teilen der Sammlung untersagt ist, das französische Staatsgebiet zu verlassen. Jeglicher Versuch, die Sammlung zu verkaufen, zu zerstreuen oder zu verlagern, wurde somit unterbunden. An einen lukrativen Einzelverkauf ins Ausland war für die Gläubiger nicht mehr zu denken.
Am Ende sprang dann wieder einmal der Steuerzahler ein - hier einmal im Sinn der Allgemeinheit: Im Jahr 1981 wurde alles zum Preis von 44 Millionen Francs an die Association du Musée National de l’Automobile verkauft und dadurch in ihrer Gesamtheit erhalten.
Zum Trägerverein des Museums gehören die Stadt Mülhausen, der Rat des Départements Haut-Rhin, der Regionalrat der Region Elsass, die Industrie- und Handelskammer Mülhausen, Panhard & Levassor, der Automobile Club de France und das Komitee der Pariser Automobilsalons.
Am 10. Juli 1982 wurde dann das Musée National de l’Automobile eröffnet.
Hier ist die Offizielle Webseite. Bilder von den Rennwagen und den Traumwagen findet Ihr auf der zweiten Seite.
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